aviso - Zeitschrift für Wissenschaft und Kunst in Bayern - page 40

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Text:
Renate Just
Nein, nicht Neuburg
an der Donau! Neuburg am Inn – ja, das gibt es
auch, obwohl der Umstand außerhalb Niederbayerns weithin unbekannt
scheint. Ein unauffälliges Straßenörtchen knapp südlich vor Passau, am
Hochufer des Inn gelegen, der hier die Grenze zwischen »drent und herent«
bildet: »drent« ist das drübere Oberösterreich, »herent« das hiesige
Altbayern. Schnell ist man durchs Dorf gerauscht, und wer nicht aufpasst,
übersieht das steile Fahrweglein, das ein paar Meter bergab zu einem
der verblüffend schönsten Ensembles Ostbayerns führt: zur mächtigen
Burg Neuburg samt seit dem Spätmittelalter zugehöriger »Hoftaferne«.
Man parkt an der Ringmauer der Burg und freut sich bei einem ersten
Rundblick, dass hier seit dem letzten Besuch vor vielen Jahren alles beim
Alten geblieben ist. Rechts das Burgtor, von mehreren trutzigen Türmen
überragt, voraus die Rarität des wunderbar intakten barocken »Para-
diesgärtleins«, linkerhand die breitgelagerte ockerfarbene Zwerchgie-
belfassade der Taferne, mit der Sonnenuhr an der Hauswand und dem
gekiesten, schattigen Kastaniengarten davor.
Die Lage also
ist so pittoresk wie eh und je – die Gastronomie allerdings
hat wechselhafte Zeiten hinter sich. In den Neunzigern hatte die Familie
Ott das Tafernengebäude aufwändig und mit viel historischem Gespür
sanieren lassen und über Jahre ein höchst gediegenes Restaurant samt
Hotelzimmern auf dem Burggelände betrieben. Danach folgten etliche
glückloseWirtswechsel, mit demRenommé von Küche und Beherbergung
ging es kontinuierlich bergab, bis zur Insolvenz 2013. Nun, so hörte man,
sei endlich wieder ein kongeniales Pächterpaar für diese bildschöne und
geschichtsträchtige Örtlichkeit gefunden. Neugierig tritt man durch
die grünweiße Kassettentür, vorbei am barocken Relief eines bizarren
Fischmonsters mit spitzzähnigem Raubtiergebiss.
Nach zwei Stunden, und nach dem schwelgerischen »Schmankerlmenü«
des Hauses, steht man wieder vor diesem steinernen Fisch, zusammen
mit Wirt und Koch Klaus Eglseder, dem man nur gratulieren kann zu
seinen Küchentaten. Allein dieses Basilikum-Sorbet, tiefgrün und von
intensiver Würze und kühler Frische! Die zarte Tafelspitz-Sülze mit
Kernöl-Vinaigrette und Wachteleiern – ebenso ein Gedicht wie das
Pilz-Spargelgröstl zum Rinderfilet, die Mousse aus Tonkabohnen und
weißer Schokolade auf Rhabarber-Erdbeersalat. Mit dem 35-jährigen
Aviso Einkehr
Hoftaferne Neuburg am Inn
Vilshofener und seiner Lebensgefährtin Andrea
Ortner hat die Neuburg endlich wieder ein Team,
das sie verdient: junge, professionelle Könner, die
sich mit viel Verve und Liebesmüh in die Aufgabe
gestürzt haben, die alten Gemäuer gastronomisch
neu zu beleben.
Schuld war eine
Katastrophe: das letzte
Passauer Hochwasser, das die letzte, sehr populäre
Wirkungsstätte der beiden, das Restaurant von
Schloss Ort an der Mündungsspitze vom Inn in
die Donau, meterhoch unter schlammige Wasser
setzte. Von den städtischen Flussniederungen
zogen sie auf die Anhöhen der Neuburg – und
zogen ihr anhängliches Stammpublikum gleich
mit. Klaus Eglseder und Andrea Ortner lieben
historische Baulichkeiten mit Charakter, ein
08/15-Etablissement hätten sie niemals gepachtet.
Sie haben die weitläufig verschachtelten Räume
der Hoftaferne mit ihren alten Wölbungen, den
Bohlendecken und den knarzigen Dielenböden
gelassen, wie sie waren – die Gaststube mit den
Umlaufbänken, der tiefen Fensternische und dem
Lüsterweiberl an der dunklen Decke, das urige
»Künstlerzimmer« mit dem grünen Kachelofen
und demWandschmuck einer Künstlervereinigung
des frühen 20. Jahrhunderts, der patinierten
ochsenblutfarbenen Vertäfelung. Vorsichtig
haben sie etwas modernen Designertouch
addiert, nachdem sie mit Freunden erstmal
tagelang »entrümpelt und entmüllt« hatten:
die klassisch-modernen Lederarmstühle, die
gestärkten Tischdecken und Servietten, die weißen
Blumenarrangements und Sträuße fügen sich sehr
schön in die historischen Stuben. Was sie hier mit
einem jungen freundlichen Serviceteam bieten,
hat einen regelrechten Ansturm ausgelöst: eine
kreative Küche, die vom Bodenständigen und
Fotos mit freundlicher Genehmigung von Klaus Eglseer (Werbeagentur Hauer-Heinrich GmbH)
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