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aviso 3 | 2014
Bayern-Südtirol
Werkstatt
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Paternoster aus den VII Gemeinden
Ügnar Bàatar, ba pist in hümmel,
zai gahòlighet dar dain naamo,
as khèmme dar dain Regno,
zai gamàcht bia du bill,
bia in hümmel, azò in d’éerda.
Ghitzich hòite ’z ügnar pròat bon allen taghen,
borghit ozàndarn d’ügnarn zünte
bia bràndare borghéban bèar hatzich offéndart,
mach as bar net bàllan in tentatziùum,
ma liberàrzich bon allen béetighen.
(aus: »Messa in Cimbro«, Vicenza 1979)
Das Zimbrische der Sieben Gemeinden hat eine
bescheidene Literatur hervorgebracht. Diese
Literatursprache wird gerne als »Nahsprache« des
Deutschen klassifiziert, wie Jiddisch oder Lëtze-
buergesch. Der Leser kann sich selbst an Hand
des kurzen Textes ein Bild machen, wie groß der
sprachliche Abstand zum Deutschen ist.
»Taucias Gareida« in den dreizehn Gemeinden
Giazza (
Ljetzan
), das letzte zimbrischsprachige
Dorf der Dreizehn Gemeinden, liegt in der Provinz
Verona auf 760 Meter nur 35 km nördlich von
Verona, das auf zimbrisch
Bearn
heißt. Von den
etwa 300 Einwohnern spricht eine Handvoll
Älterer noch das alte Zimbrisch, das hier
taucias
gareida
oder
tautsch
heißt. Giazza ist übrigens der
südlichste Punkt in Mitteleuropa, an dem man
noch ein autochtones Deutsch spricht.
Paternoster aus den XIII Gemeinden
Vatar usar ta do pist ime himmele,
Gaholagat sait dai name.
Kime daine raich
Un saibe gamacht un daine boie
Asbia un himmale asou un earde.
Gitus haute usar proate un aljan taghe,
lassan abe de usarne sciuljar
asbia barandre lassas an abe de usarne sciuljarn
un vuarus nist de sere un halta mi vere de ubal.
Asou saibe.
(aus: L. T. Prader u. a., »Lebendige Sprachinseln«, 3. Aufl. Bozen 2006)
Herkunft der Zimbern
Italienische Humanisten der frühen Neuzeit nahmen an, dass es sich
bei den Zimbern um Reste der im Jahre 101 vor Christi Geburt vom
römischen Konsul Marius bei Verona geschlagenen germanischen Völ-
ker der Kimbern und Teutonen handelt – daher der Name »Cimbri«.
Andere wiederum sahen in den Zimbern letzte sprachliche Nachkommen
der einst in Italien ansässigen Goten oder Langobarden. Erst Schmeller
konnte allen Spekulationen ein Ende setzen. Er wies erstens darauf hin,
dass der Wortschatz des Zimbrischen typisch ist für den Dialekttyp, der
rechts
Bauernhof im Fersental.
darunter
Typische Wirtshausszene im Fersental.
unten
Faschingsgestalten im Fersental.
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