aviso 3 | 2014
Bayern-Südtirol
Colloquium
|27 |
Professor Dr. Walter Grasskamp
lehrt Kunstgeschichte an der Akademie
der Bildenden Künste München.
Caroline Sternberg M. A.
leitet das Archiv
der Akademie der Bildenden Künste München.
Die Ausstellung
»Tirol – München. Begegnungen von 1880 bis heute«
ist noch bis zum 24. August 2014 im Innsbrucker Landesmuseum
Ferdinandeum zu sehen.
Zum Weiterlesen
Birgit Jooss: »München als Ursprungsort des deutschen Impressionismus.
Zwischen Akademie und Secession«, in: Katalog Kunsthalle Bielefeld,
»Der Deutsche Impressionismus«, Hg. Jutta Hülsewig-Johnen und Thomas
Kellein, Köln 2009, S. 51-61.
Gert Ammann, Günther Dankl: »Franz von Defregger und sein Kreis«,
Katalog Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck 1987.
Nikolaus Gerhart/Walter Grasskamp/Florian Matzner (Hg.):
»200 Jahre Akademie der Bildenden Künste München«, München 2008.
Julie Kennedy: »Der Künstler-Sänger-Verein. Münchner Geselligkeit
zwischen Akademie und Bohème«, Tettenweis 2009. – Julie Kennedy:
»Franz von Stuck und die Karikatur in der Allotria«, Tettenweis, 2006.
Wolfgang Ruppert: »Der moderne Künstler. Zur Sozial- und Kulturge-
schichte der kreativen Individualität in der kulturellen Moderne im 19. und
frühen 20. Jahrhundert«, Frankfurt (Main)
1
1998,
2
2000.
Anders als Honoré Daumier oder der
Münchner Akademieabsolvent Wilhelm
Busch, die als Massengrafiker ebenso
berühmt geworden waren, wie sie als Ma-
ler zu Lebzeiten ihr eigenes Geheimnis
blieben, und anders als der schier uner-
schöpfliche Bildergroßhändler Gustave
Doré, der »industrialisierte Romantiker«
(Konrad Farner), kam Putz in den Ge-
nuss dieser Phase der lokalen Kunstge-
schichte, in der das beginnende Geschäft
mit denmodernen Druckwaren ihm luk-
rative Alternativen bot – nicht zwischen
Scylla und Charybdis, sondern zwischen
Sammlergeld und Druckhonorar.
In diesem Zusammenhang
stellte sich
ihmdie Frage, warum er als erfolgreicher
Maler noch für die »Jugend« Illustra-
tionen tuschen sollte, denn das dürfte
weniger Quadratzentimeter-Honorar
eingebracht haben als ein ordentliches
Ölbild. Er mochte beide Techniken glei-
chermaßen gut beherrschen, aber ihre
jeweiligen Märkte konnte er gut ausein-
ander halten. Putz hatte es – und das ist
der Subtext der Karikatur – 1905 nicht
mehr nötig, sich mit der Münchner
Redaktion der »Jugend« gut zu stellen,
um dort als Künstler sein Geld zu verdie-
nen, und das musste er seinen weniger
erfolgreichen Konkurrenten in der »Ju-
gend« selber verkünden – dieses Forum
wollte er sich, ein koketter Odysseus, hin-
künftig dann doch nicht nehmen lassen.
Wie sein Sänger
- und Malerfreund Thöny, der sich in der bayerischen
Hauptstadt gerne die preußische Militärelite vorknöpfte, einer der füh-
renden Karikaturisten des Simplicissimus wurde, lieferte auch Putz wei-
terhin Illustrationen für die »Jugend«. Erst 1936, nach einem Verhör
durch die Gestapo, kehrte er an seinen Geburtsort Meran zurück. Eduard
Thöny dagegen verblieb im »Dritten Reich«. Wie der geniale Zeichner
Olaf Gulbransson, der es 1932 als erster (und einziger) Karikaturist auf
einen Lehrstuhl an der Münchner Akademie gebracht hatte, arbeitete
er auch während der Zeit des »Dritten Reiches« für die nunmehr um-
gepolten Zeitschriften und nahm mit seinen Gemälden zwischen 1937
und 1944 auch an der Großen Deutschen Kunstausstellung im Haus
der Deutschen Kunst teil – das für München einst typische Zwischen-
milieu von moderner Malerei, trendsetzender Illustrationsgrafik und
bissiger Karikatur war erhalten geblieben, aber seine Tonart hatte sich
entschieden verändert.
oben links
Hugo Engl, »Bildnis
eines Bauern«, 1891.
daneben
Eduard von Thöny,
»Exzellenz Goethe«, Titelseite
des »Simplicissimus«, Jahrgang
1899/1900, 4. Jg., Heft 23.
daneben
Leo Putz, Titelbild zum
Katalog zur Ausstellung
»Tirol – München. Begegnungen
von 1880 bis heute«, Vorlage:
Leo Putz, »Sommerträume«, 1910.
daneben und unten
Plakat zur
Ausstellung »Die Kraftprobe –
200 Jahre Kunstakademie Mün-
chen« im Haus der Kunst, 2008.
Vorlage: Franz von Defregger,
»Die Kraftprobe«, 1898 (Detail).
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