aviso - Zeitschrift für Wissenschaft und Kunst in Bayern - page 39

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aviso 3 | 2015
RAUBKUNST UND RESTITUTION
COLLOQUIUM
verdacht aufzeigt. Um an Museen herantreten zu können, wird u. a. auf die For-
schungsergebnisse des Zentralinstituts für Kunstgeschichte zu den Auktionslisten
des Münchner Auktionshauses Weinmüller zurückgegriffen, die konkrete Anknüp-
fungspunkte zu nichtstaatlichen Museen enthalten, die zwischen 1936 und 1943
Objekte im Auktionshaus Weinmüller in München erwarben. Zusätzlich ist im
Rahmen des Projektes wissenschaftliche Forschung unter neuen Fragestellungen an
den einschlägig bekannten Quellen, wie beispielsweise den Reichskulturkammer-
listen im Landesarchiv Berlin, parallel zum Projektverlauf nötig. Dies gilt auch für
die einschlägigen Auktionslisten aus der Zeit von 1933-1945. Provenienzforschung
ist komplex. Die Forscher müssen sich in die spezielle historische Situation des je-
weiligen nichtstaatlichenMuseums wissenschaftlich einarbeiten, die Eingangsbü-
cher und Inventarverzeichnisse sichten sowie in örtlichen Archiven recherchieren
und u. a. die Erwerbsakten nach belastenden Hinweisen durcharbeiten. Die da-
durch im Lauf der Zeit entstehende vernetzte Recherche kann insgesamt auch für
eine raschere und effektivere Forschung genutzt werden. Die Auswahl der Museen
soll über die Quellenhinweise hinaus zudem nach den Möglichkeiten zur Betreu-
ung der Provenienzforscher vor Ort erfolgen, nach der Relevanz der kulturhisto-
rischen Sammlungsschwerpunkte und der ggf. bereits vorhandenen Kenntnis von
einzelnen belasteten Sammlungsobjekten. Voraussetzung ist, dass diese Museen
über ein gut nutzbares wissenschaftliches Inventar verfügen. Wird aufgrund der
Ergebnisse der ersten Projektphase gezielt ein Museum angesprochen, das diese
Anforderung nicht erfüllt, wird die Landesstelle zur zügigen Inventarisierung
raten und diese ggf. auch mit einem Zuschuss unterstützen.
Ziel ist mehr Transparenz in der Geschichte von Objektzugängen und Sammlun-
gen in den nichtstaatlichen Museen im Freistaat Bayern.
Motivation zur Provenienzforschung
Die Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen möchte alle Museen motivieren,
sich der Provenienzforschung zu widmen. Der genaue Provenienzforschungsbedarf
soll für die am Projekt beteiligten Museen ermittelt werden, um dort ein nachfol-
gendes Provenienzforschungsprojekt anzustoßen. Im Ergebnis entsteht für das
entsprechende Museum entweder aufgrund eines erhärteten Anfangsverdachts die
Möglichkeit, einen Vertiefungsantrag beimDeutschen ZentrumKulturgutverluste
zu stellen, oder es gelingt aufgrund der Erstrecherche eine rasche Klärung der
Provenienz und ein Vertiefungsantrag ist nicht mehr notwendig. Um die befris-
tet beschäftigten Provenienzforscher finanzieren zu können, sind der Landesstelle
zusätzliche finanzielle Mittel des Bayerischen Staatsministeriums für Bildung und
Kultus, Wissenschaft und Kunst in Aussicht gestellt worden. Zudem hat die Lan-
desstelle im Frühjahr 2015 einen Förderantrag beim Deutschen Zentrum Kultur-
gutverluste gestellt, dessen Bewilligung noch aussteht.
ABSCHLIESSEND KANN FESTGEHALTEN
werden, dass das Thema Provenienzforschung
bundesweit durch die Jahrestagung des DeutschenMuseumsbundes, mit dem die
Landesstelle in regem fachlichen Austausch ist, 2015 in Essen erneut erhöhte Auf-
merksamkeit in der Museumswelt erhalten hat.
Dr. Astrid Pellengahr
studierte und promovierte in Volkskunde, Völkerkunde und
Soziologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Sie leitete die Abteilung
Kultur der Stadt Kaufbeuren und das Stadtmuseum Kaufbeuren. Seit März 2014
ist sie Leiterin der Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern.
Zum Weiterlesen
»Provenienzforschung, Restitution. Sammlungsgut mit belasteter Herkunft in Museen,
Bibliotheken und Archiven«, Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in
Bayern (Hg.), Band 10, München/Berlin 2007
Bambi, Andrea: »Zur Provenienzforschung im Jahr 2013 in Bayern, ein Überblick«,
in: »Ja was is denn des?! Forschen im Museum«, 17. Bayerischer Museumstag
10.-12.07.2013 in Passau, München 2014, S. 20-27
oben
Bereits vor 10 Jahren veranstaltete die
Landesstelle gemeinsam mit der Koordinierungsstelle
für Kulturgutverluste in Magdeburg und mit der
Unterstützung der Museen der Stadt in Nürnberg die
Tagung »Verantwortung wahrnehmen. Kulturgutverlust,
Provenienzforschung und Restitution«
darunter
Beim Bayerischen Museumstag 2013 in
Passau berichtete die Leiterin der Provenienzforschung
bei den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen,
Dr. Andrea Bambi, über den Forschungsstand in Bayern.
unten
Der damalige Leiter der Landesstelle, Dr. York
Langenstein, bei der Präsentation der Landes-
stellen-Publikation »Kulturgutverluste, Provenienzfor-
schung, Restitution – Sammlungsgut mit belasteter
Herkunft in Museen, Bibliotheken und Archiven« 2007
im Infopoint Museen & Schlösser in Bayern.
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