aviso - Zeitschrift für Wissenschaft und Kunst in Bayern - page 37

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aviso 3 | 2015
RAUBKUNST UND RESTITUTION
COLLOQUIUM
Text:
Astrid Pellengahr
DIE LANDESSTELLE FÜR
die nichtstaatlichenMuseen beimBaye­
rischen Landesamt für Denkmalpflege fungiert in Fragen der
Provenienzforschung als Betreuungs- und Beratungsstelle für
die nichtstaatlichen Museen im Freistaat, führt aber, da sie
keine eigene Sammlung hat, selbst bislang keine Provenienz-
forschungsprojekte durch. Im Bereich der nichtstaatlichen
Museen ist auch gut 15 Jahre nach Verabschiedung der auf
der Grundlage der Washingtoner Prinzipien formulierten
gemeinsamen Erklärung von Bund, Ländern und kommu-
nalen Spitzenverbänden »zur Auffindung und zur Rückgabe
NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes, insbesondere
aus jüdischemBesitz« wenig Forschung geschehen. Deshalb
will die Landesstelle künftig proaktiv auf Museen in Bayern
zugehen und diese nicht nur finanziell bei der komplexen
Aufgabe der Provenienzforschung unterstützen.
Die Situation der Provenienzforschung in Bayern wie im
bundesdeutschen Vergleich zeigt am eindrücklichsten eine
Umfrage aus dem Jahr 2012. Damals hat das Institut für
Museumsforschung der Staatlichen Museen zu Berlin in
Kooperation mit demDeutschenMuseumsbund in seiner jähr-
lichen Museumsumfrage bei 6355 Museen in der Bundesre-
publik Deutschland u. a. Angaben zur Provenienzforschung
erfragt. Von den 5236Museen (1 162 bayerische Museen), die
die Umfrage beantwortet haben, haben knapp 60% (Bayern
59,1%) Angaben zum Stand der Provenienzforschung an den
betreffenden Häusern gemacht. Stand 2012 war, dass zum
damaligen Zeitpunkt bundesweit 285 Museen (Bayern 27)
nach NS-verfolgungsbedingtemKulturgut in den Sammlun-
gen forschten. 55 weitere Museen (Bayern 10) planten dies
zum damaligen Zeitpunkt. Die Mehrzahl der Häuser, näm-
lich knapp 72% (Bayern 70,4%) tat dies aus eigenemAntrieb.
37,5% der Museen (Bayern 39,4%), die auf die Fragen zur
Provenienzforschung geantwortet hatten, kannten die Förder-
möglichkeiten durch die Arbeitsstelle für Provenienzforschung,
heute Deutsches Zentrum Kulturgutverluste, damals nicht.
1
DIESE 2013 ERHOBENEN
und zur Jahreswende 2013/14 aus­
gewerteten Zahlen sind für die Landesstelle für die nicht­
staatlichen Museen in Bayern Anlass gewesen, sich ab Früh-
jahr 2014 intensiv mit der Frage zu beschäftigen, warum
derzeit nur an wenigen Häusern die Aufgabe der Proveni-
enzforschung aufgegriffen wird.
Im Folgenden soll zunächst skizziert werden, welche Bemü-
hungen die Landesstelle bis Ende 2013 unternommen hat,
die Provenienzforschung zu befördern. Im Anschluss wird
dargestellt, welchenWeg sie künftig beschreiten will, um die
Beschäftigung mit der Sammlungsgeschichte in denMuseen
unter dem Aspekt des NS-verfolgungsbedingten Eigen-
tumsentzugs an Kulturgut voranzubringen.
Eine Tagung und eine Publikation
Die Landesstelle hat angesichts der Bedeutung dieses The-
mas im Rahmen der Identifizierung von Kulturgutverlusten
und von Restitutionsverfahren frühzeitig entschieden, in ihrer
Veröffentlichungsreihe »MuseumsBausteine« eine inhaltlich
entsprechend ausgerichtete Publikation zu veröffentlichen.
Der Band »Kulturgutverluste, Provenienzforschung, Resti-
tution. Sammlungsgut mit belasteter Herkunft in Museen,
Bibliotheken und Archiven« erschien 2007. Er ist hervorge-
gangen aus einer Tagung, die unter demselben Titel imMärz
2005 im Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände
in Nürnberg stattfand und von der Landesstelle in Koopera-
tion mit der Koordinierungsstelle für Kulturgutverluste Mag-
deburg und der Stadt Nürnberg veranstaltet wurde. Zu dieser
bayernweit wahrgenommenen Tagung hatte die Landesstelle
die bayerischen Museen, aber auch Vertreter von Archiven
und Bibliotheken eingeladen. Die Publikation enthält unter
den Kapitelüberschriften »Grundlagen«, »Wege und Hilfen
zur Provenienzforschung« und »Beispiele aus Museen und
Bibliotheken« insgesamt 17 einschlägige Beiträge. Sie kann
gegenwärtig als eines der Standardwerke zur Thematik Prove-
nienzforschung vor allem im Bereich der Museen gelten. Um
die Museen für die Thematik zu sensibilisieren, wurden Frei­
exemplare an alle damals ca. 1250 bayerischenMuseen versandt.
1
Mein Dank gilt dem Institut für Museumsforschung, Berlin, für
das zur Verfügung stellen und die Auswertung der Zahlen für
Bayern.
Transparenz in die Geschichte
von Sammlungen bringen
Wie die Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern in Fragen
der Provenienzforschung berät
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