aviso 3 | 2015
RAUBKUNST UND RESTITUTION
RESULTATE
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DIPLOMATEN AUF DEM GRÜNEN RASEN
DIE ERSTAUNLICHE GESCHICHTE DER DEUTSCH-
ISRAELISCHEN FUSSBALLFREUNDSCHAFT
VOR 50 JAHREN
haben die Bundesrepublik Deutschland
und der Staat Israel offiziell diplomatische Beziehungen auf-
genommen. Seitdem arbeiten beide Länder eng zusammen,
was Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und Sicherheitspolitik
angeht. »Will man aber wissen, wie die Israelis über Deutsch-
land denken, muss man sie nach ihrer Haltung zur deutschen
Fußballnationalmannschaft fragen«, erklärt der Sozialhis-
toriker Moshe Zimmermann von der Universität Jerusalem.
Dabei hat sich die Meinung über den deutschen Fußball in
den Medien und in der Öffentlichkeit Israels in den vergan-
genen Jahrzehnten mehrmals drastisch verändert. Die heute
bestehende deutsch-israelische Fußballfreundschaft, die im
Frühjahr Thema der 8. Sporthistorischen Konferenz an der
Schwabenakademie Irsee war, ist eine Erfolgsgeschichte, die so
kaum zu erwarten war. Ihr Start war auch alles andere als leicht.
Aufregung nach dem »Wunder von Bern«
So waren die Reaktionen in Israel auf den deutschen Sieg bei
der Weltmeisterschaft 1954 laut Zimmermann erstaunlich
aufgeregt. Das lag aber eher daran, dass die meisten Israelis
Text:
Alexander Galdy
Bewunderer der unterlegenen ungarischenMannschaft waren;
das Team um den legendären Ferenc Puskás galt schließlich
damals als das beste der Welt. »Die Last der Geschichte spielte
damals eher eine Nebenrolle«, so Zimmermann.
AUCH BEI DER
WM 1966 in England lagen die israelischen
Sympathien nicht bei der deutschen Elf. Die Israelis sahen
die Engländer als ehemalige Besatzer zwar immer noch als
Feinde an, die Kluft zu den Deutschen war nach dem Zweiten
Weltkrieg und dem Holocaust aber noch größer.
Zwischen 1968 und 1970 gewann der deutsche Fußball
zunehmend an Sympathie. Nicht wenige deutsche Mann-
schaften hatten während dieser Zeit in Israel Spiele absolviert
und so den sportlichen Austausch zwischen beiden Ländern
angestoßen. Trotzdem war die Öffentlichkeit in Israel 1974
beimWM-Finale in München eindeutig für die Niederlande.
»Wir haben politisch gedacht«, berichtet Zimmermann. Die
Niederländer galten bei den jüdischen Israelis als die Helfer
der Anne Frank. Auf der anderen Seite standen »die bösen
Deutschen«. Die arabische Minderheit in Israel stand übri-
gens eher auf der Seite der deutschen Nationalelf.