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aviso 3 | 2015
RAUBKUNST UND RESTITUTION
COLLOQUIUM
Dr. Meike Hopp
,
Kunsthistorikerin, promovierte 2012 an der Ludwig-
Maximilians-Universität (LMU) München zum Thema
»Kunsthandel im Nationalsozialismus. Adolf Weinmüller in München und
Wien«. Seit 2009 ist sie – im Rahmen verschiedener Projekte zur
Provenienzforschung, u. a. in Kooperation mit Neumeister Münchener
Kunstauktionshaus und der Staatlichen Graphischen Sammlung
in München – wissenschaftliche Mitarbeiterin am ZI.
Dr. Stephan Klingen
, Kunsthistoriker, ist seit 1995 am ZI, seit 1999
Leiter der Photothek; er promovierte 1993 an der Universität Bonn und
war von 1994-1995 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Anhaltischen
Gemäldegalerie Dessau. Am ZI koordinierte er u. a. die Projekte
»Farbdiaarchiv deutscher Wand- und Deckenmalerei« und »Große
Deutsche Kunstausstellung 1937-1944«
Seit Januar 2015 leiten die Autoren gem
ian
Fuhrmeister das hier vorgestellte Projekt.
Kontakt
Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Projekt »Führerbau-Diebstahl«,
Katharina-von-Bora-Str. 10, 80333 München,
,
6. Kolloquium Provenienz- und Sammlungsforschung
u. a. mit Vorstellung
des Projekts zum sog. »Führerbau-Diebstahl« durch Dr. Stephan Klingen,
mit Professor Dr. Uwe Schneede, Deutsches Zentrum Kulturgutverluste,
und Grußwort von Staatsminister Dr. Ludwig Spaenle, anschließend Eröff-
nung »Rudolf von Alt« in der Pinakothek der Moderne 22.07.2015, 14.20-
18.00 Uhr, Zentralinstitut für Kunstgeschichte
© Zentralinstitut für Kunstgeschichte | Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Repro: Bayerische Staatsbibliothek München
Depots von Nahrungsmitteln, die aus verständlichen
Gründen ins Visier der Plündernden gerieten. Auch
die Keller des sog. »Führerbaus« am Königsplatz
waren mit Vorräten aller Art gut bestückt und von
daher ein lohnendes Ziel. Wieso aber war in dem
Gebäude auch eine so große Zahl von Kunstwerken
eingelagert? Edgar Breitenbach sprach von rund
500 Bildern, andere Berichte nennen die Zahl von
723 Kunstobjekten.
Der »Sonderauftrag Linz«
Um dies zu verstehen, muss man die besondere Rolle
bedenken, die der Münchner »Führerbau« für die
Organisation und Abläufe bei der Umsetzung eines
geplanten, aber nie realisierten »Führermuseums«
in Linz spielte. Während die kunsthistorische Lei-
tung dieses sog. »Sonderauftrags Linz« in Dresden
bei den Direktoren der dortigen Gemäldegalerie –
zunächst Hans Posse, dann Hermann Voss – lag,
war in München das Logistikzentrum des »Son-
derauftrags« angesiedelt. Hierhin wurden die »Er-
werbungen« aus den verschiedenen besetzen Län-
dern verbracht, um, nach einer Besichtigung durch
Hitler, fotografiert und in ein Gesamtinventar des
»Führermuseums« aufgenommen zu werden, das
von dem Architekten Hans Reger geführt wurde.
VOM »FÜHRERBAU« AUS
wurden die Kunstwerke
seit dem Frühjahr 1943, als die Bombenangriffe
der Alliierten dramatisch zunahmen, schließlich
in scheinbar sichere Depots – zuletzt vor allem in
das Salzbergwerk Altaussee – verbracht. Bis in den
April 1945 dienten die Luftschutzkeller des
ursprünglich rein für Repräsentationszwecke der
NSDAP geplanten Gebäudes am Königsplatz als
Registrierungsstelle und Durchgangslager für meh-
rere tausend herausragende Kunstobjekte. Doch
nicht alle der von Hitlers Beauftragten aus fast
ganz Europa durch legitime Ankäufe, ebenso wie
durch illegitime Tauschgeschäfte, Beschlagnahmun-
gen, Erpressungen oder Raub zusammengerafften
Kunstschätze, die im »Führerbau« übergangsweise
eingelagert waren, konnten rechtzeitig aus München
herausgebracht werden. Sie wurden in der Nacht
auf den 30. April – teilweise zum zweiten Mal – zu
den Opfern eines großen Kunstraubs.
Den Bildern auf der Spur
Das vom »Deutschen Zentrum für Kulturgutver-
luste« in Magdeburg geförderte Projekt, das das
Zentralinstitut für Kunstgeschichte (ZI) gemeinsam
mit mehreren internationalen Partnern durchführt,
beleuchtet die Hintergründe und Abläufe des »Führerbau-Diebstahls«
Ende April 1945, rekonstruiert den zum Zeitpunkt der Plünderung ein-
gelagerten Bestand von annähernd 1000 Kunstobjekten und erarbeitet
einen Überblick zu Herkunft und Verbleib der geraubten Objekte. Nur
ein Teil der Kunstwerke konnte in der unmittelbaren Nachkriegszeit
durch die Nachforschungen der amerikanischen Kunstschutzoffiziere
des CCP (Central Collecting Point) wieder aufgefunden werden. Auch
in den fünfziger und sechziger Jahren tauchten immer wieder Gemälde
aus dem »Führerbau« im deutschen und internationalen Kunsthandel
auf. Von einem großen Teil fehlt jedoch bis heute jede Spur.
DAS TEAM DES
Forschungsprojekts ist daher für alle Hinweise im
Zusammenhang mit den historischen Ereignissen rund um den »Füh-
rerbau-Diebstahl« dankbar.
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