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Dr. Bernhard Maaz
ist seit 2015 Generaldirektor
der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen.
überprüft. Kann nicht völlig ausgeschlossen werden, dass
es sich bei einem Bild um Raubkunst handelt, erfolgt be-
reits an diesem Punkt der Recherchen eine Meldung auf der
Internetplattfor
o bis heute 216 Gemälde
und Skulpturen der »Überweisungen aus Staatsbesitz« ver-
öffentlicht sind. Als zweiter Schritt der Recherche erfolgen
dann vertiefende Forschungen in Literatur, Datenbanken
und Archiven zu den einzelnen Kunstwerken. Dadurch soll
am Ende die Provenienz dieser schwierigen Objekte so weit
wie möglich geklärt werden, wobei das Ziel immer eine
lückenlose Eigentümerkette ist.
Klassische Moderne
Der Fokus der proaktiven Provenienzrecherchen von Johanna
Klapproth liegt auf rund 250 Hauptwerken der Klassischen
Moderne von Künstlern wie Ernst Barlach, Karl Hofer und
Oskar Kokoschka über die Künstler der »Brücke« und des
»Blauen Reiters« bis hin zur einzigartig umfangreichenMax-
Beckmann-Sammlung in der Pinakothek der Moderne. Bei
fast all diesen Werken handelt es sich um Nachkriegserwer-
bungen, die in Form von Stiftungen und Ankäufen aus Pri-
vatsammlungen Eingang in die Sammlung fanden. Hierin
zeigt sich ein Charakteristikum des Museumsbestandes, das
die Pinakothek der Moderne mit vielen anderen deutschen
Museen teilt: der Wiederaufbau der Sammlung nach dem
Krieg wurde nicht allein über Ankäufe aus dem Kunsthan-
del getätigt, sondern verdankt sich maßgeblich bedeutenden
Privatsammlungen, die in die staatliche Sammlung eingin-
gen. Die Arbeit der Provenienzforscher wird komplexer und
aufwändiger, weil die Sammlungen dieser Stifter
sowohl zwischen 1933 und 1945 als auch danach
zusammengetragen wurden. Somit bedürfen die
Ankaufsverhältnisse stets einer kritischen und auch
rückwirkenden Prüfung, wenngleich die Institu
tionMuseum erst nach 1945 Eigentümerin wurde.
DIE FORSCHUNGEN ZUR
Sammlung vonWoty
und Theodor Werner, die 1972 als Vermächtnis
in den Besitz der Bayerischen Staatsgemälde
sammlungen gelangte, sind dafür ein gutes Bei-
spiel. Selbst als Kunstschaffende tätig, lebten die
Werners in den 1930er Jahren in Paris, wo sie
einige der Künstler, deren Werke sich später in
ihrer Sammlung befanden, persönlich kennenlern-
ten. Zwei weitere Stiftungen der 1970er Jahre berei-
cherten den Bestand der Sammlung der Pinakothek
der Moderne darüber hinaus entscheidend: 1974
die Max-Beckmann-Stiftung von Günther Franke
sowie 1977 die Schenkung des Ehepaars Martha
und Markus Kruss. Bei Günther Franke handelt
es sich um einen der wichtigsten und bestens ver-
netzten Kunsthändler zeitgenössischer Kunst seit
den 1920er Jahren, der bis in die 1980er Jahre in
München tätig war. Auch die Sammlungsgeschich-
te des durch ein Kaffeerösterei-Unternehmen zu
Wohlstand gekommenen Ehepaars Kruss ist bis-
lang wenig erforscht.
aviso 3 | 2015
RAUBKUNST UND RESTITUTION
COLLOQUIUM
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