|20|
aviso 3 | 2015
RAUBKUNST UND RESTITUTION
COLLOQUIUM
museum befindlichen Gegenstück mit figürlichem Aufsatz
anzugleichen. Für die Montage wurde der moderne schwar-
ze Sockel jedoch abgesägt, so dass eventuell auf der Untersei-
te angebrachte Hinweise auf ehemalige Eigentümer oder Vor-
besitzer leider verloren sind.
Da der Weinmüller-Katalog für die vom Bayerischen Natio-
nalmuseum auf der Dezember-Auktion des Jahres 1942 erstei
gerten Objekte keine Einlieferer nennt, so konnte die Frage
nach deren Provenienz bisher auch nicht beantwortet werden.
Durch das im Frühjahr 2013 von Meike Hopp in einem Stahl-
schrank des Münchener Kunstauktionshauses Neumeister –
der Nachfolgeinstitution des Kunstversteigerungshauses Wein-
müller – entdeckte und zwischenzeitlich auch erschlossene
Konvolut von annotierten Weinmüller-Katalogen, darunter
die Kataloge aller von Weinmüller zwischen 1936 und 1943
in München durchgeführten Versteigerungen, sind nunmehr
nicht nur die Einlieferer und Käufer, sondern auch die Schätz-
preise, das Preislimit sowie die Zuschlagspreise bekannt und
recherchierbar. Für über 32.000 im Zeitraum von 1936 bis
1944 von Weinmüller in München und Wien ge-
handelte Objekte liegen damit für die Provenienz-
forschung bislang fehlende Informationen von emi-
nenter Bedeutung vor. Für die Triton-Figur betrug
der Schätzpreis 1000 RM, das Limit 500 RM und
der Zuschlag 750 RM, als Käufer wird »Nat. Muse
um« und als Einlieferer »Sonder.« genannt. Vom
selben Einlieferer stammen fünf weitere vom Baye-
rischen Nationalmuseum auf dieser Auktion erwor-
bene Kunstwerke. Hinter der Abkürzung »Sonder.«
verbirgt sich Kajetan Mühlmann, der »Sonderbe-
auftragte beim Reichskommissar für die besetz-
ten niederländischen Gebiete«, so dass es sich bei
sämtlichen von »Sonder.« bei Weinmüller eingelie-
ferten Objekten umNS-Raubkunst handeln dürfte.
DER ÖSTERREICHISCHE
Kunsthistoriker Kaje
tan (Kai) Mühlmann (1898–1958) gehörte zu den
wichtigsten Protagonisten des NS-Kunstraubs; als
SS-Oberführer hatte er unter den NS-Kunsträu-
bern den höchsten SS-Rang inne. Für seine Ver-
dienste um den »Anschluss« Österreichs war er
1938 vom Leiter der österreichischen Landesre-
gierung, »Reichsstatthalter der Ostmark« Arthur
Seyß-Inquart (1892–1946), zum Staatssekretär für
Kunst ernannt worden. Als Seyß-Inquart 1939 zum
Stellvertreter des Generalgouverneurs Hans Frank
rechts
Holz- und Elfenbeintafel mit Szenen aus Schil-
lers »Lied von der Glocke« (BNM Inv.-Nr. 55/124)
unten
Rückseite mit dem Namen des Eigentümers und
der sog. Münchner Nummer
rechte Seite
Details mit Szenen aus Schillers »Glocke«:
Hausfrau am Spinnrocken, Erntefeier, Feuersbrunst
und Zählen der Häupter