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aviso 2 | 2018
KUNST = MEDIZIN
COLLOQUIUM
auch experimentell induzieren lassen müssten.
Voraussetzung ist, die hemmende Kontrolle des
Neocortex weitgehend auszuschalten. Hier fand
ich eine Brücke zu meiner Ausbildung in Hyp-
nose und meinen eigenen Erfahrungen mit
Trancetechniken. Ich entwickelte einen Kurs
für Kunststudierende und erfahrene Kunst-
Kolleg*innen, die über ein Versiegen ihrer emo-
tionalen Reservoirs klagten und stellte fest, dass
Synästhesien erlernbar sind. Ich erprobte dies
an der LMU und an der Akademie der bildenden
Künste in München.
Auch in meinen eigenen Arbeiten spielt der Bereich
des Numinosen eine große Rolle, es ist wohl das
Hauptgelenk zur Psychologie. Ich schätze, dass
meine Werke gerade durch die Verarbeitung von
solchen Phänomenen ihre Wirkung auf einer tie-
feren Ebene auslösen. Dafür sprechen zahlreiche
Rückmeldungen von Betrachtern.
aviso:
Derzeit leiten Sie ein Projekt, das die Wir-
kung von Museumsbesuchen untersucht. Zu wel-
chen Ergebnissen ist dieses Projekt gelangt?
De Muynck:
ImRahmen eines umfangreichen künst-
lerischen Projektes, in dem es in einer performa-
tiven Installation um die Veränderung von Wahr-
nehmung von Kunst geht, mache ich eine wissen-
schaftliche Studie, die fokussiert ist auf die Frage
von Einstellungen, Verhaltensweisen, Persönlich-
keitsvariablen und Wertvorstellungen von Perso-
nen, die »gerne bis sehr gerne« Kunstmuseen be-
suchen, verglichenmit solchen, die nur sporadisch
oder nicht hingehen. Die Befunde zeigen auch einen
deutlichen Zusammenhang zwischen Kunst und
Gesundheit auf, worüber wir hier sprechen wollen.
Ausgangspunkt für diese Studie ist die Definition, die die WHO 1948
als Zielkorridor für Gesundheit entwickelt hat: »Gesundheit ist ein
Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohl-
ergehens und nicht nur das Fehlen von Krankheit oder Gebrechen.«
Aus früheren Untersuchungen über die Persönlichkeitsentwicklung
und soziale Parameter des Verhaltens am MPI konnten wir belegen,
dass eine verhaltenstherapeutische Veränderung von sozialen Ängs-
ten und Fertigkeiten sowie der Einstellung zu sich selbst eine größere
Zufriedenheit sowohl in der Arbeit als auch in der Freizeit zur Folge
hat, einhergehend mit einer Verringerung von Krankheiten, Fehlzei-
ten in der Arbeit sowie einer positiven Selbstbewertung und weiteren
sozialen Verbesserungen. Neue Sicht- und Verhaltensweisen können
also erlernt werden und haben einen messbaren Einfluss auf die phy-
sische Gesundheit.
Inhalte und Ziele, wie sie sich in der Verhaltenstherapie finden, sind
ebenfalls der Kunst zu eigen: Hier wie da geht es um Neues, das uns
berührt sowie um das In-Gang-Setzen von Veränderungsprozessen im
gesundheitsfördernden Sinne.
diese Doppelseite
Museumsbesucher
im Kallmann-Museum bei der Ausstellung
»Ecce Creatura« auch mit Werken von
Rita De Muynck, 2017.
© Susanne Hesping