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Dr. Markus Wesche
ist ehemaliger wissenschaftlicher Mit-
arbeiter der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, wo
er als Historiker arbeitete. Er bereitet eine Edition der
Reisebriefe von Spix und Martius an König Max I. Joseph von
Bayern vor.
Zum Weiterlesen
Klaus Schönitzer, Ein Leben für die Zoologie.
Die Reisen und Forschungen des Johann Baptist Ritter von
Spix, München: Allitera Verlag 2011.
richten über Ankunft und Unterbringung der bra-
silianischen Ausbeute können wir uns eine Vor-
stellung davon machen. Spix und Martius hatten
immer wieder von den Küstenstädten, die sie be-
rührten, Kisten mit Expeditionsgut nach Europa
abgeschickt. Den größten Teil der tierischen und
botanischen Präparate verpackten sie am End-
punkt der ganzen Expedition in der Stadt Pará
(heute Belém) an der Amazonas-Mündung in vie-
len Kisten aus kostbaren brasilianischen Hölzern,
legten Blumen, Früchte und Fische in Flaschen
und Fässchen mit Weingeist, hinzu kamen 67
lebende Tiere und viele Pflanzen. Zwei indianische
Kinder, einMädchen und einen jungenMann, die,
weil aus verschiedenen Stämmen, sich nicht einmal
verständigen konnten, nahmen die Forscher als
»völkerkundliches Lebendgut« nachMünchen mit.
In Lissabon angekommen, wollten sie zunächst
das Expeditionsgut nach Hamburg und von dort
die Elbe hinunter bis Magdeburg verschiffen und
dann per Fuhrwerk nach München befördern
lassen. Es kam anders. Die Kisten wurde wegen
algerischer Piraten im Atlantik auf ein österrei-
chisches Schiff geladen und nach Triest befördert,
ZOOLOGISCHE STAATSSAMMLUNG
MÜNCHEN WWW.ZSM.MWN.DE Die Ausstellung »Der Ritter und seine Affen. 200 Jahre nach der
Brasilien-Expedition von Spix undMartius« ist ab dem 13.11. bis
zum 22.12.2017 und wieder ab dem 08.01.2018 an Werktagen von
10.00-16.00 Uhr zu sehen. Von der Haltestelle Obermenzing (Bus-
linien 143 und 162 und S2) aus ist die ZSM in 5 Gehminuten zu
erreichen. Am Samstag, den 18.11.2017, ist von 9.00-17.00 Uhr »Tag
der offenen Tür«, an dem es neben den Bildern der acht Künstler
auch Einblicke hinter die Kulissen einer der größten Forschungs-
sammlungen der Welt gibt.
den Ausgangshafen der Expedition. Zwei Gärtner brachten
dort das lebende Gut über den Winter, bis die Alpenpässe
wieder schneefrei waren. Wie die erhaltenen Rechnungen zei-
gen, war dies eine kostspielige Angelegenheit. Mitteleuropa
litt damals unter großer Kälte, nachdem im Jahr 1815 der
Ausbruch des Tambora im fernen Indonesien eine veritable
Klimakatastrophe herbeigeführt hatte.
SEIT DEM BEGINN
der Expedition 1817 waren nach und
nach schon viele Tierpräparate in München eingetroffen.
Man hatte derweil für die Akademie nicht nur neue Schrän-
ke schreinern lassen, sondern auch schon vor Spix’ Rückkehr
begonnen, die Felle und Schädel zusammenzunähen und
die Produkte einzuräumen. Hier ist wohl schon manches
schiefgelaufen. Die meisten Affen stammten allerdings vom
Amazonas und waren mit den Forschern tot oder lebendig
zurückgereist. Wie tief der Zoologe Spix das Habitat sei-
ner Tiere erforschen konnte, muss offen bleiben. Die Reise
auf dem Amazonas führte an dichten grünen Blatt-Jalou-
sien vorbei, die den Blick ins Waldesinnere verbargen. Zum
Schießen hatten die Forscher mangels eines erfahrenen baye-
rischen Jägers einen brasilianischen Soldaten mitgenommen,
außerdem waren sie auf die Schützenmeisterschaft der
Indios angewiesen. Manches Tier wurde vor Ort »erworben«,
wie eine Illustration aus demReisewerk sinnfällig macht. Da
treten die beiden Forscher in eine Eingeborenenhütte, in der
Ecke liegt Jagdbeute: ein Vogel – und auch ein Affe. Mühe-
volle Naturerkenntnis! Heute dürfen wir die Raffinesse der
Naturfilmer bewundern; sie verschaffen uns mit hoher wis-
senschaftlicher Gründlichkeit und großen Mühen Erfah-
rungen, die wir oft nur leichthin konsumieren. Spix’ Affen
sind, so wie sie vor uns stehen, geradezu ein Menetekel der
progressiven Naturerforschung. Dies führen uns die Zeich-
ner mit feinem Pinsel vor Augen.