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4.
Mit der Frage, ob Frauen anders führen, habe ichmich nie
beschäftigt. Eine Führungsaufgabe wahrzunehmen heißt,
Verantwortung für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wie
auch für die Qualität und die Funktionalität der Einrich
tung, wie ich sie leite, zu übernehmen. Mein Führungsstil
ist zu großen Teilen teamorientiert und diskursiv. Was nicht
heißt, dass ich nicht klare und manchmal auch einsame Ent
scheidungen treffe. Frauen lernen von Kindesbeinen an, in
unserer Kultur Verantwortung für die sozialen Aspekte von
Kommunikation zu übernehmen, Kommunikation auch in
schwierigen Situationen aufrecht zu erhalten und vor allem
klar zu kommunizieren. Mag sein, dass das eine Stärke von
Frauen in Führungspositionen ist. Im Zusammenhang mit
der Behördenverlagerung, von der die Landesstelle betroffen
ist, kommt mir und damit auchmeinemTeam ein ausgepräg
tes Maß an Empathie sicher zugute.
5.
Wenn eine Frau eine Rede hält, wird ihr immer mal wie
der für den charmanten Vortrag gedankt. Dieses Adjektiv
fällt nie bei Ansprachen von Männern. Männer erhalten als
kleines Dankeschön bei offiziellen Anlässen in der Regel eine
Flasche Wein, Frauen einen Blumenstrauß. Ich würde mich
mehr über denWein freuen, ist er doch einfacher zu transpor
tieren, insbesondere in öffentlichen Verkehrsmitteln. Darü
ber kann frau sich ärgern oder gelassen darüberstehen. Viel
wichtiger ist, dass sich Frauen über die Bedeutung von be
rufsspezifischen Netzwerken klar werden und entsprechend
strategisch agieren.
6.
Ich plädiere eindeutig für eine gendergerechte Sprache.
Sprache lässt Bilder imKopf entstehen, die wirkmächtig sind.
Wenn ich den Begriff »Museumsdirektoren« lese, dann sehe
ich in meiner Vorstellung ausschließlich Kollegen vor mir,
auch wenn grammatikalisch Frauen theoretischmitgemeint
sind. Daher nehme ich mir gerne die Zeit und spreche von
»Direktorinnen und Direktoren«. Beim geschriebenen Text
kann ich gut mit einer abwechslungsreichen Reihung anstelle
von manchmal unpraktikablen Regelungen leben. Wenn ich
jedoch weiß, dass die Vermittlungsarbeit in Museen zu 90
Prozent von Frauen erledigt wird, finde ich es befremdlich,
von Vermittlern zu sprechen. Wenn ich über das interdis
ziplinär aufgestellte Team der Landesstelle schreibe, dann
spiegelt sich darin weitgehend unsere Geschlechterverteilung
wider: Kunsthistorikerinnen, Historiker und Kulturwissen
schaftlerinnen, Restauratoren und Innenarchitektinnen usw.
7.
Eindeutig ja, wir brauchen eine Quote, denn Frauen ver
fügen über die gleichen Qualifikationen wie Männern, sind
aber in den Führungspositionen, als Abteilungsleiterinnen in
Ministerien oder als Direktorinnen von Kultureinrichtungen
zahlenmäßig noch unterrepräsentiert.
2.
Ich denke nicht geschlechtsspezifisch, es ist ein Den
ken, das mir fremd ist. Mir ist Gleichwertigkeit ein
viel lieberer Begriff als Geschlechtergerechtigkeit. Da
bin ich ganz bei meinen alten Ägyptern, bei denen der
Urgott schon zweigeschlechtlich ist und das männliche
und weibliche Prinzip einander gleichwertig ergänzt.
Personelle Entscheidungen habe ich imÜbrigen immer
pragmatisch und nach Qualifikation getroffen.
3.
Mein Rat: Sehen Sie Kinder nicht als Gegensatz
zum Beruf. Ich habe beides gelebt – und mich dabei
nie an meiner Selbstverwirklichung gehindert gefühlt,
im Gegenteil: Ich habe mich im Beruf und als Mut
ter verwirklicht. Ich habe immer leidenschaftlich gern
gearbeitet, meine Tochter war bei Abendterminen oft
dabei, einmal habe ich sogar eine Eröffnungsrede mit
Kind auf dem Arm gehalten, und wenn ich daheim
gearbeitet habe, lag meine Tochter in ihrem selbstge
bauten Nest unter dem Schreibtisch. Trauen Sie sich
unbedingt, sich über Konventionen hinwegzusetzen!
Ich habe oft geradezu lustvoll mit Rollenkonventionen
gebrochen. Eine Führungsposition birgt da viele Mög
lichkeiten, als Chef kann man entscheiden und verän
dern! Lassen Sie sich nicht den Schneid abkaufen. Frauen
lassen sich viel zu oft ein schlechtes Gewissen einreden.
Und: Gehen Sie nicht in Teilzeit, das schwächt Sie nur.
4.
Bei mir gibt es flache Hierarchien und ich habe ein gewisses
Harmoniebedürfnis. Manchmal versteht das jemand falsch,
dann muss man Klartext sprechen, nach dem Motto: Erspa
ren Sie es doch sich und mir, dass ich Ihnen jetzt zeigen muss,
dass ich am längeren Hebel sitze. Manchmal kommt man
nicht zusammen, dann muss man den Mut haben, etwas zu
beenden. Alle können bei mir Vorschläge machen und wer
den als Urheber benannt, wenn der Vorschlag realisiert wird.
5.
Da habe ich wenig erlebt und wohl auch manches an mir ab
gleiten lassen. Ein Beispiel fällt mir aber doch ein: Als ein Kol
lege mich zu einemDiner einlud und hinzusetzte: »Aber dies
mal bitte ohne Kind«, na, da habe halt ich dankend abgelehnt.
6.
Ich spreche von mir als Direktor des Museums. Ich sehe
mich als Ägyptologe. Mein Beruf ist keine Geschlechtskate
gorie. Bringt uns das Gendern wirklich weiter? Ich bezweifle
es, es wirkt kontraproduktiv und verstärkt Vorurteile. Reale
Probleme lassen sich nicht durch Sprache lösen.
7.
Wer will denn eine Quotenfrau sein? Aber eines muss ich
doch sagen: Ich meine, Frauen müssen vielleicht doch mehr
leisten als Männer, um dasselbe zu erreichen. Als Frau darf
man weniger Fehler machen.
Die Fragen stellte
Dr. Elisabeth Donoughue