Table of Contents Table of Contents
Previous Page  44 / 56 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 44 / 56 Next Page
Page Background

|44|

NORA GOMRINGER

DIREKTORIN DES INTERNATIONALEN KÜNSTLERHAUSES

VILLA CONCORDIA

1.

In Bamberg sind wesentlich mehr Frauen als Männer in

den führenden Stellen in der Kultur tätig. Wir schließen uns

im Rahmen eines losen Stammtisches kurz und kennen ein­

ander sowieso recht gut, mindestens vom Sehen. Gründe für

disparate Verhältnisse sind das Ausruhen auf alten rhetori­

schen Floskeln wie »weil es immer so war, muss es so blei­

ben« und wenig Gefühl für den Wandel der Zeit, der ausge­

zeichnet ausgebildete Männer und Frauen gegeneinander ins

Rennen schickt, die aber in Vorstellungsgesprächen immer

noch sehr unterschiedlich von sich reden machen.

2.

Wir haben es da einfach. Ein Kuratorium schlägt

potenzielle Stipendiatinnen und Stipendiaten dem Minis­

ter, der Ministerin vor. Ich bin nicht in den Auswahlprozess

involviert. Wer bei uns ist, erhält Teile des Budgets, um Ver­

anstaltungen mit uns zu planen, die ihn und sie als ausge­

zeichnete Künstler dem interessierten Publikum vorstellen.

Es gab Jahrgänge, in denen keine oder nur eine Frau als Sti­

pendiatin bei uns eingeladen war, was auch an der Länge

des Aufenthaltes (früher durchgehende 11 Monate) und an

der Herausforderung liegen mag, mit Kindern zu uns zu zie­

hen, was wir allerdings gerne unterstützen und nie hindern.

3.

DiesenWunsch klar und sachlich für sich und nach außen

formulieren. Ein Netzwerk aufbauen, das wohlwollend ist

und selbst Mentorin werden. Manchmal überholen sich die

Generationen nämlich und so mancher jüngere Mensch hat

einem älteren schon eine Karrieretür geöffnet. Und… über­

raschend sein. Ein ungewöhnliches Hobby nicht ablegen, son­

dern pflegen. Manchmal stelle ich jemanden ein oder lade sie

oder ihn zum Gespräch, weil ich die Eigenständigkeit einer

Freizeitbeschäftigung schätze und mich an der Resilienz ei­

nes Geistes erfreue.

4.

Laute Worte, Wut oder auch formulierte Enttäuschung

bleiben draußen. Humor, gemeinsame Ziele und Achtung

sind wichtig. Meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

sehen, dass ich sehr viel arbeite und hinter ihnen stehe. Es

sind sehr komplexe Gefühle, die in einem kleinen Büro ver­

arbeitet werden müssen. Wir halten Distanzen und bauen

freundliche Nähe, wo wir sie brauchen. Auch die Stipendia­

tinnen und Stipendiaten und Gäste des Hauses spüren dies.

Ich führe durch Ermutigung und Wahrnehmung, positive

Bestärkung und versuche, den ganzen Menschen zu sehen.

5.

Festivals stehen oft einzelne Männer vor, die von einem

Schwarm ausgezeichnet ausgebildeter Frauen umringt sind,

auf die das Funktionieren der Veranstaltungen zurückgeht.

In der Kultur verdient man wenig, Frauen dann imVergleich

noch weniger als Männer. Frauenmüssen gut verhandeln und

sehr genau auf ihre Renten und Absicherungen schauen. Frau­

en werden rein durch die ihnen gegenüber angewendete Rhe­

torik klein gehalten. In Franken ist das zum Teil entsetzlich.

Frauen müssen solidarisch mit Frauen und Männern auf­

treten, um diese Dinge sichtbar zu machen. Mitunter müs­

sen sie eigene Privilegien zurückstellen, um andere weiter zu

bringen. Ich halte dies für eine Pflicht.

6.

Gendergerecht ja, aber mit Vernunft und Respekt

gegenüber der Sprache. Wir vergessen immer, dass die auch

ein »Wesen« hat und von allem Gendern losgelöst funk­

tioniert. Ich rede von mir als Dichter, aber als Direktorin.

Darin ist eine leise innere Logik für mich und es ist eher

mein Gefühl, das mir das eingibt. Das eine gibt mir Stärke,

das andere Schläue. Ich weiß, so eine Antwort ist in diesen

Fragen unbefriedigend, aber ich will die Sprache für alle

Fälle elastisch halten.

7.

Da bin ich selbst unentschlossen. Die Quote ist ein gutes

Vehikel über eine gewisse Zeit. Ich wünschte, wir brauch­

ten sie nicht.

DR. ANDREA FUNCK

DIREKTORIN DOERNER INSTITUT

1.

Ich denke, in der Regel sitzenMänner auf den entschei­

denden Posten zum Thema Verwaltung, Ressourcen und

Ministerien. Nachrangig entscheidende Posten scheinen

ebenfalls häufig mit Männern besetzt zu werden. Frauen

werden eingesetzt, wenn man fleißige, gewissenhafte »Er­

ledigerinnen« der delegierten Arbeiten und Aufgaben sucht,

das sind häufig Jobs im mittleren oder unteren Manage­

ment. Ich erlebe leider immer noch ein sehr verzerrtes Bild:

Frauen, die hart und durchsetzungsstark sind, wird die

Weiblichkeit aberkannt und erzeugen eher Angst als Res­

pekt bei männlichen Kollegen und Vorgesetzten. Schimpft

man oder wird man mal laut, ist man als Frau gleich emo­

tional, als Mann durchsetzungsstark. So ist leider immer

© VillaConcordia, Foto Michael Aust