|41 |
MINERVA INFORMATICS EQUALITY AWARD
Im Rahmen der Jahrestagung der Informatics Europe, die im Septem-
ber im schwedischen Göteborg stattfand, wurde zum dritten Mal der
Minerva Informatics Equality Award vergeben. Nach dem University
College London (UCL) und der Radboud Universität in Nijmegen
wurde mit der Universität Bamberg zum ersten Mal eine deutsche
Universität mit diesem renommierten Preis ausgezeichnet. Prof. Dr.
Ute Schmid, die die Maßnahmen als Frauenbeauftragte der Fakultät
von 2005 an systematisch auf- und ausgebaut hat, nahm den Preis
gemeinsam mit ihrer Kollegin Prof. Dr. Daniela Nicklas, die sie seit
2014 aktiv unterstützt, aus den Händen von Beate List (Google) ent-
gegen. Google sponsort den Preis mit 5000,- Euro. Prof. Dr. Pana-
giota Fatourou von der Universität Kreta begründete als Vorsitzende
der Jury die Entscheidung. Sie hob hervor, dass das Programm eine
große Vielfalt von äußerst ausgereiften Maßnahmen sowohl zur Re-
krutierung als auch zur Unterstützung von Studentinnen beinhaltet.
Der erreichte Anteil von Studentinnen stellt das beeindruckende
Ergebnis einer langwährenden Anstrengung dar und die Zahlen
belegen die Nachhaltigkeit der Maßnahmen.
Professorin Dr. Ute Schmid
hat die Professur für Angewandte
Informatik, insbes. Kognitive Systeme an der Fakultät
Wirtschaftsinformatik und Angewandte Informatik an der Otto-
Friedrich-Universität Bamberg inne.
Das Interview führte
Dr. Elisabeth Donoughue.
sind, was die Einschätzung der eigenen Fähigkeiten betrifft,
wurde auf Initiative der Mitarbeiterin Silvia Förtsch ein
Coaching-Programm aufgebaut. Unser Maßnahmenbündel
zur Gewinnung von Studentinnen wollen wir auf dem gege
benen Niveau halten. Aktuell arbeiten wir daran, Angebote
für Studentinnen auszubauen, insbesondere wollen wir Kon
takte zwischen Studentinnen und Absolventinnen fördern.
aviso:
Welche Ergebnisse haben Ihre Maßnahmen für die
Fakultät?
Schmid:
Im Jahr 2014 waren erstmals mehr als 30% der
Erstsemester-Studierenden an der Fakultät für Wirtschafts
informatik und Angewandte Informatik an der Universität
Bamberg weiblich und Studentinnen entsprechend nicht mehr
als Minorität zu betrachten. Seither ist dieser Prozentsatz
sogar jährlich immer weiter angestiegen. Neben den zahl
reichen Maßnahmen, die auch sehr gut nach außen kom
muniziert werden, trägt sicher auch das Profil der Fakultät
Wirtschaftsinformatik und Angewandte Informatik nicht
unwesentlich dazu bei, dass der Standort attraktiv für Frauen
ist: Die Fakultät hat deutschlandweit ein einzigartiges Profil,
in dem alle Studiengänge mit Informatikanteilen unter einem
Dach vereint sind. Üblicherweise werden Informatikstudien
gänge mit Ingenieurs- oder Naturwissenschaften gebündelt
und Bindestrichstudiengängen mit den entsprechenden An
wendungsfächern. So ist andernorts Wirtschaftsinformatik
in den Wirtschaftswissenschaften oder Geoinformatik in
den Geowissenschaften angesiedelt. Besonders der Master
studiengang
Computing in the Humanities
, der sich speziell
an Studierende mit einemBachelorabschluss in einem nicht-
technischen Fach richtet, zieht viele Studentinnen an. Die
Kombination aller Studiengänge mit Informatikbezug an
einer Fakultät erlaubt es, dass alle Studierenden die grund
legenden Informatikveranstaltungen gemeinsam besuchen.
Diese Kernveranstaltungen haben entsprechend einen deut
lich höheren Frauenanteil, als es typischerweise der Fall ist.
aviso:
Warum ist das so?
Schmid:
Vermutlich wird durch diese Struktur der Effekt
abgeschwächt, dass Frauen davon ausgehen, dass diese pro
grammierlastigen und mathematischen Inhalte ohnehin bes
ser von Männern verstanden werden. Entsprechend könnte
der häufig inMINT-Fächern in der Schule beobachtete nega
tive Effekt von Erwartung auf Motivation und Leistung (self-
defeating prophecy) reduziert werden. Durch Bündelung
aller Informatikstudiengänge wird zudem wesentlich deut
licher, wie vielfältig die Anwendungsbereiche der Informa
tik sind und dass diese keineswegs auf technische Bereiche
beschränkt sind.
aviso:
Welche Bedeutung hat für Sie der
Minerva Informa
tics Equality Award
?
Schmid:
Es macht mich sehr stolz, dass die Universität Bam
berg die erste deutsche Universität ist, die diesen renommier
ten Preis erhält. Zudem sind die beiden vorangegangenen
Preisträger – das University College London und die Radboud
Universität in Nijmwegen – zwei Standorte mit großen tech
nischen Fakultäten und deutlich mehr finanziellen Mitteln
als die Universität Bamberg. Ich sehe den Preis aber nicht
nur als eine Auszeichnung für schon Geschafftes, sondern
auch als Verpflichtung für die Zukunft, unsere Maßnahmen
für Schülerinnen aller Altersstufen auf dem jetzigen hohen
Niveau zu halten und unsere Maßnahmen für Studentinnen
weiterzuentwicklen und auszubauen.
aviso:
Vielen Dank für dieses Interview.
oben
Verleihung des
Minerva Informatics Equality Award
an
die Universität Bamberg (v.l.n.r.): Prof. Dr. Panagiota Fatourou (Vor-
sitzende der Jury), Beate List (Google), Prof. Dr. Ute Schmid und
Prof. Dr. Daniela Nicklas (Universität Bamberg) sowie Prof. Enrico
Nardelli (Präsident von Informatics Europe).