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»Die Kunst ist da wie die Liebe, die ersten Erfahrungen sind die prägenden.«
Was die Förderung durch Spezialpreise
anbetrifft, haben die Auswahlkriterien
eventuell stärker auf thematische Aus-
richtungen bzw. bestimmte Vorhaben
und Ziele zu fokussieren.
Stets sollte die durchgängige künstle-
rische Substanz und Ernsthaftigkeit das
Hauptkriterium einer Förderung sein,
und – wie ich meine – nicht der manch-
mal auch noch so bestechende, exzent-
rische Einfall, der sich nicht selten als
»Eintagsfliege« entpuppt.
Dr. Michael Semff,
Kunsthistoriker, ehem. Direktor
Staatliche Graphische Sammlung
München
Es sollte sich ein eigenständiger und über-
zeugender künstlerischer Ansatz entwi-
ckelt haben, der Potenzial zu weiterer
Entfaltung und Entwicklung erkennen
lässt.
Die Auszeichnung mit dem Kunst-
förderpreis trägt nach meiner Erfahrung
erheblich dazu bei, in der Öffentlichkeit
wahr- und schließlich auch ernstgenom-
men zu werden.
Richard Vogl,
freischaffender Künstler
Literatur
Jury-Arbeit –wie ich sie verstehe – sollte
und muss immer in gewissen Maß selbst
kreativ sein.
Sie ist in erster Linie ein Bemühen um
Würdigung jedes einzelnen Textes in sei-
nen Eigenheiten. Sie versucht, möglichst
genau zu erfassen, was er bereits leistet
undworauf er damit zielt. Die Erkenntnis
einer ‚Förderungswürdigkeit‘ ergibt sich
dann aus einem doppelten Abgleich: sei-
ner Leistungenmit seinen Zielen und von
beidemzusammenmit anderer, schon be-
stehender Literatur. Wie spannend und
innovativ ist das Werk in diesem Pano-
rama? Wo könnte sich die jeweilige Au-
torin oder der Autor noch hin-entwickeln
– und will man sie oder ihn auf diesem
Weg ermutigen?
Die Preisträger*innen äußern immer
wieder: Wichtig sei ihnen vor allem die
Anerkennung, die mit der Auszeichnung
und bereits mit einer Erwägung für die
Preise verbunden ist. Diese Anerkennung
versuchen wir in unserer Jury-Arbeit aus-
nahmslos allenKandidat*innen zu geben:
indemwir uns – lesend und diskutierend
– auf jeden ihrer Texte sehr intensiv ein-
lassen.
Dr. Pia Elisabeth Leuschner,
Lyrik Kabinett München
Die Kunst ist da wie die Liebe, die ersten
Erfahrungen sind die prägenden. Wahr-
scheinlich gehören Kunstförderpreise
für den Nachwuchs schon deshalb zu den
wichtigsten Maßnahmen, mit der die öf-
fentlicheHand junge Autorinnen undAu-
toren unterstützen und ermutigen kann.
Sie finden sich daher über Jahre in ihren
Biobibliographien. So ein Preis sagt: Wir
habenDich gesehen.Wir hebenDich her-
aus aus dem schnelllebigen Betrieb. Wir
glauben, dass Du schreiben sollst.
Es bleibt immer aufs Neue eine Her-
ausforderung, die Bücher herauszulesen,
die dieses Credo verdienen. Welches
Buch schafft es – und das ist das wich-
tigste – durch eigene Sprache und Ton
eine Welt zu erschaffen? Welches zeigt
künstlerischen Eigensinn und überrascht
damit? Findet für die vielen oft erzähl-
ten Geschichten eine neue Perspektive?
Und trägt ein Wasserzeichen des Hier
und Heute? Jurys, wenn sie gut sind,
entwickeln Schwarmintelligenz. Ergän-
zen sich in ihren Lektüren, stoßen sich
an verschiedenen Kriterien. Finden kei-
nen schalen Mittelweg, sondern wagen
radikale Lösungen, hinter der dann alle
stehen.
Dr. Katrin Lange,
Literaturhaus München