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In derWirtschaft, so vermutenwirMenschen aus demKulturbereich, ist dieDigitalisie-
rung längst vollzogen. Zu unseremErstaunen erfuhrenwir jüngst beimRundenTisch der
Kultureinrichtungen »Digitale Kulturvermittlung – Aktueller Stand und Zukunftsper-
spektive(n)«, zu demdas Kunstministeriummit demZentrumDigitalisierung. Bayern in
die Bayerische Akademie der Wissenschaften eingeladen hatte: Auch in der Wirtschaft
bedeutet die digitaleTransformation derzeit einen gewaltigenKraftaufwand. Dr. Philipp
Ramin vomInnovationszentrumfür Industrie 4.0machte einenweitenHorizont auf: Di-
gitaleKompetenz erfordert ein neues vernetztesDenken, Bereitschaft zu einemagileren
Reagieren auf individuellere, fluktuierendeNachfragen– in unseremFalle: des digitalen
Publikums –, eine Bereitschaft zu mehr interaktivemHandeln und wohl auch zu mehr
Vorläufigkeit. Digitale Kompetenz, so war zu erfahren, besteht zu 10 % aus Technologie
und 90 % aus Firmenkultur oder auch: Institutionenkultur. Wie transformiert sich also
eine Kultur- oder Gedächtniseinrichtung in eine digitaleWissensressource, in einen be-
deutenden digitalenAkteur, wie steigert sich die gesellschaftliche undwissenschaftliche
Relevanz des Hauses durch Digitalisierung? Die Antworten sind komplex. Es gilt etwa,
sich die Chancen einer konsequenten Policy von Data-Sharing und Open Data bewusst
zumachen. DieDigitalisierung ist jedenfalls schon da, und obwir sie als Bedrohung oder
Chance begreifen, ist ausschlaggebend dafür, obwir uns anProzesse dranhängen oder sie
mitsteuern. Dass dieDigitalisierung schon da ist, zeigte auch derMuseumstag 2019, der
sichunter demMotto »ImdigitalenRaum. Das erweiterteMuseum«nicht nur dasThema
vornahm, sondern in der Umsetzung die Klaviatur derMedien undTools bespielte:Wer
dabei war, konnte sich per App über Programm und Tagungsort informieren; wer nicht
dabei sein konnte, kanndie Livestream-Vorträge zumneuendigitalenMuseennachhören
(youtube.com/playlist?list=PL3Y-zaSAumuXEARYULxh3MJSfB-sm-hMf), dieVeran-
staltungwurde rege betwittert (#bymt19) und die Publikation »Das erweiterteMuseum.
Medien, Technologien und Internet«wird sich als »dynamisches Projekt-Portal« immer
weiter fortschreiben
(doi.org/10.15463/mb-19). Und dieKunst selbst? Erfindet sich als
virtueller Raum neu, wird zum Narrative Space – parallel wird auch in der Kulturver-
mittlung das Erzählen von Geschichten in seiner elementaren Bedeutung wiederent-
deckt – wer sich auf digitale Kunst einlässt, taucht wahrhaftig ein, das magische Wort
»immersiv« ist allüberall, alles wird zaubrisch verwirkt, Realität und Kunst und Poesie,
es scheint, als würde in den neuen technischenMedien der Traum der Romantiker oder
vielmehr eine zutiefst dem Menschen zugehörende Sehnsucht, die Grenze zwischen
Kunstwerk und Betrachter aufzulösen, mit der vom Menschen geschaffenen Welt der
Kunst zu verschmelzen, jetzt zu unseren Zeiten erfüllt.
Kultur digital
Thema dieses Hefts: Kultur digital
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