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Vorbildcharakter gibt es; der Landkreis
Rhön-Grabfeld etwa nutzt seit Länge-
rem soziale Medien, um einen iClub der
Rückkehrerl zu pflegen. Auf der ande-
ren Seite ist ein rein negatives Bild eben-
so wenig angebracht: Abwanderung und
Schrumpfung sind nicht zu verleugnen,
aber sie bestimmen eben auch nicht das
Leben aller ländlichen Gebiete. Es bringt
nichts, Landkreise und Regionen über
einen Kamm zu scheren und damit groß-
flächige Problemräume auszurufen: Die
demographische, soziale und ökonomi-
sche Situation, ihre Wahrnehmung und
der kreative Umgang damit unterschei-
den sich oft von Gemeinde zu Gemeinde
und sind vomGeschick und den kreativen
Aktivitäten der Menschen abhängig wie
von purem Zufall.
Man erkennt eine Kluft: jene zwischen
der Raumsemantik des guten Lebens auf
demLand (vor allemals eine urbane Sicht
aufs Land) und der Wirklichkeit des nor-
malen und alltäglichen Lebens dort. Viel-
leicht schauen wir zu einseitig mit einem
oft rosafarbenen Blick auf das Land. Was
aber noch problematischer ist: Mit die-
sem Blick wird ein von außen herange-
tragener Anspruch an ländliche Regionen
undOrte formuliert, den diese unmöglich
erfüllen können. Hier ist eine sich verhär-
tende Erwartungshaltung an ländliche
Räume zu beobachten, die eigentlich nur
enttäuscht werden kann. Dieser idyllisie-
rende Blick wird seit mehr als zehn Jah-
ren durch eine Reihe von Magazinen zur
neuen Lust am Landleben perpetuiert.
Ein Ende ihres Booms ist nicht abzuse-
hen. Zwar kann der Marktführer dieser
Special-Interest-Magazine, die
Landlust
,
nicht mehr ganz seine Höchstauflage von
mehr als einer Million Exemplare errei-
chen, gut 850.000 sind es aber immer
noch. Sie werden von überdurchschnitt-
lich verdienenden Menschen gelesen, im
mittleren oder höheren Alter, die selbst
auf dem Land oder in kleineren Städten
leben und einen eigenen Garten haben.
Gutes Leben auf dem Land?
Sebastian Lock dokumentiert in seiner Fotoserie
Nürnberger Schrebergärten
eine interessante Symbiose von Stadt- und Landlebensgefühl.