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aviso 1 | 2019

FRAUEN. GLEICHE CHANCEN – ANDERE MÖGLICHKEITEN

COLLOQUIUM

mich ist das ein zentraler nächster Schritt: So sehr wir dar­

auf Wert legen müssen, dass Frauen künftig stärker vertre­

ten sind, so sehr müssen wir die Männer auf demWeg dahin

mitnehmen. Oft mag es, wenn eine weibliche Karriere endet

oder (zu) lange unterbrochen wird, an der Gründung einer

Familie gelegen haben, aber das dürfen wir dennoch nicht zum

Anlass nehmen, Familie als alleiniges Frauenthema zu sehen.

Ich selbst als Präsidentin einer Filmhochschule möchte, eben­

so wie meine Kolleginnen Simone Stewens von der ifs Köln

und Susanne Stürmer von der Filmuniversität Babelsberg,

auch ein Rollenvorbild sein und spreche offen darüber, wie

schwer mitunter die Vereinbarkeit von Familie und Beruf

sein kann, und warum man trotzdem nicht aufhören darf,

für sich zu kämpfen. Dabei geht es mir nicht darum, jeder/

jedem meinen oder den Weg erfolgreicher Absolventinnen

oder Kolleginnen vorzuschreiben. Jeder/jedem steht es frei,

ihr/sein Leben und ihr/sein Leben mit Partnerschaft und

Familie zu gestalten. Doch ich will ein Bewusstsein dafür

schaffen, wie wichtig dann zumindest eine entsprechende

Absicherung für später ist, wenn es beispielsweise um The­

men wie Altersvorsorge geht, die jungen Menschen an einer

Hochschule oft in viel zu weiter Ferne erscheinen.

EINIGE WUNDERBARE AKTUELLE

Entwicklungen von Studen­

tinnen und Absolventinnen der HFF München zeigen uns,

dass wir auf dem richtigen Weg sind. Und auch diese haben

eine wichtige Vorbildfunktion für nachfolgende Studierende.

Eva Trobisch hat mit ALLES IST GUT einen Abschlussfilm

gemacht, der den Umgang einer jungen Frau mit einer Ver­

gewaltigung auf eine bis dato nicht gesehene Weise thema­

tisiert. Sie wurde dafür auf dem Filmfest München mit dem

Förderpreis Neues Deutsches Kino und dem FIPRESCI-Preis

sowie beim Filmfest Locarno mit dem Preis für das beste

Regiedebut ausgezeichnet und gewann auf dem Hamptons

International Film Festival den »Award for Best Narrative

Feature«!

Außerdem waren gleich zwei Studentinnen in diesem Jahr

für den Student Academy Award, also den Studenten-Oscar®

nominiert. Annelie Boros wagt sich mit ihremDokumentar­

film F32.2 an das Thema Depression; die Protagonistin im

Spielfilm WAS BLEIBT von Eileen Byrne hat Brustkrebs –

und wir sehen nicht nur, wie sie damit fertig werden muss,

sondern wie schwer das auch ihrem Partner fällt.

DER JOURNALIST BERNHARD BLÖCHL

hat diese Erfolgsmeldungen

in der Süddeutschen Zeitung in einem Artikel mit der Über­

schrift »Der weibliche Blick« gewürdigt – ein wichtiges Sig­

nal. Und doch schließe ich mich demEnde dieses Artikels an,

wenn es heißt: »Ist also alles gut? Nein, das nicht. Aber die

Richtung stimmt, beim emanzipierten Nachwuchs sowieso.«

Auch, wenn es hier in meinemArtikel vorrangig um die Situa­

tion von Frauen im Filmbetrieb bzw. weiter gefasst um Frauen

in der Medienbranche gehen soll, so müssen wir auch über

unseren Tellerrand hinaus blicken. Und Film kann und muss

auch inhaltlicher Ebene sensibilisieren und finden Ansätze,

wie wir als Filmhochschulen vorbildhaft agieren und da­

mit Impulse in die Branche geben können. Wir gehen das

für verschiedene Bereiche an: Mit Symposien, Seminaren

und Masterclasses von weiblichen Filmschaffenden in der

Lehre, und zwar nicht nur mit der künstlerischen Perspek­

tive, sondern auch der organisatorischen, was beispielsweise

familienfreundliche Filmdrehs anbelangt. Wir achten darauf,

eine Gender-Parität vorzuleben, also in den eigenen Hoch­

schulstrukturen, der Besetzung von Gremien und vor allem

Professuren. Außerdem kooperieren wir mit Initiativen wie

ProQuote oder demMentoring-Programm INTO THEWILD

und wir haben uns mit einer Selbstverpflichtung weitere Ziele

für die Zukunft gesteckt, wie u. a. Weiterbildungsangebote

in Genderkompetenz für Lehrende oder die Einrichtung

von Kinderbetreuungsangeboten an allen Hochschulen –

letzteres haben wir an der HFF München bereits mit einer

eigenen Kinderkrippe und ich sehe täglich, wie wichtig und

hilfreich solche Angebote sowohl für Studentinnen als auch

Studenten sind.

VORBILDER UND ROLLENBILDER

, mit denen sich unsere Studie­

renden identifizieren können, spielen für notwendige Verän­

derungen sowohl bei der Filmherstellung als auch bei den

Geschichten und Drehbüchern eine zentrale Rolle. Die HFF

München hat wunderbare erfolgreiche Absolventinnen wie

u. a. Caroline Link, Maren Ade oder Janine Jackowski – letz­

tere feierten im vergangenen Jahr große Erfolge mit TONI

ERDMANN und stehen für eine neue Herangehensweise

gerade in Bezug auf die Vereinbarkeit von Familie und Film­

branche. Und was ich besonders daran finde: Sie beschränken

das nicht auf Frauen, sondern achten bei ihren Filmdrehs

genauso darauf, dass die Väter ihre Familien regelmäßig

sehen und sich in den Familienalltag einbringen können. Für

oben

Moderator mit Janine Jackowski und Doris Dörrie im Podiums-

gespräch beim Festakt »50 Jahre HFF«.

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