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den Rhein nach Köln, wo sie Angewandte Sozialwissenschaften,

Linguistik, Phonetik und Indogermanistik studiert. Die Donau

wird sie fortan in ihrem Pseudonym »Greta von der Donau« be-

gleiten, unter dem sie u. a. 1999 im Kölner Musikclub MTC mit

Alltagslyrik und einer Tampon-Performance auftritt. Ab 2003 ist

sie zusammen mit dem Musiker Gunter von der Weiden mit dem

musikalisch-literarischen Bühnenprogramm »Sex und andere

traurige Sachen« unterwegs. Von 2013 bis 2015 moderieren die

beiden das gleichnamige Programm im Kölner Internetradio 674

fm. »Sex und andere traurige Sachen«

kannman nicht anklicken,

was ich sofort bedauere, auch geht es bei den Buchveröffent-

lichungen nicht weiter, aber eigentlich macht das nichts, dafür

werde ich verlinkt mit der Internetseite der Autorin,

bleier-on-

line.de.

Hier steht:

Es wurde niemand krank.

Gut, denke ich und

dass mir das gefällt. Ich gehe wieder zurück. Ich lese Rezensio-

nen zu einem ihrer Romane, von dem ich auch noch nie etwas

gehört habe. Was ich lese, gefällt mir sehr. Ich möchte mehr

davon. Ich möchte das Buch haben.

Schwimmerbecken.

Es ist

beim

lichtung verlag

erschienen. Gegen Abend, wenn das Haus

amWald seinen Schatten wirft, kommt manchmal das Reh vor-

bei. Ich warte auf das Reh. Draußen. Auf der Lichtung. Was mir

wie eine Engführung vorkommt, wie eine zufällige Begegnung

zwischen den Welten. Das Ziel vom Reh ist die riesige Eiche

am Rand unseres Grundstücks, die im letzten Herbst so viele

Früchte getragen hat, dass das Reh immer noch welche finden

kann. Manchmal gefällt dem Tier unser Garten, der ohne Hür-

den an den Wald angrenzt. Mein Ziel ist der

lichtung verlag,

er

wurde 1990 gegründet. Vorausgegangen war der Entstehung des

Verlages die Etablierung des Kulturvereins Bayerwaldforum – auf

Initiative von Hubert Ettl, der schon 1987 Autorinnen und Autoren,

Künstlerinnen und Künstler und Kulturinteressiere in Viechtach

versammelte, um die Herausgabe einer »kritischen Kulturzeit-

schrift für den Bayerischen Wald« zu diskutieren. Der gegründete

Verein sollte dies ermöglichen und Ende des Jahres erschien die

erste Ausgabe des Magazins

lichtung.

Viechtach kannman nicht

anklicken. Viechtach ist von meinem Schreibtisch aus genauso

weit entfernt wie Straubing. Der Donner kommt näher. Wenn

ein Wetter kommt, kommt es aus dem Wald. Bevor das Wet-

ter bei mir ankommt, erreicht es Viechtach. Ich klicke

Website,

ich befinde mich jetzt auf

lichtung-verlag.de.

Ich sage, das ist

ok

mit den Cookies. Ich befinde mich anscheinend in einem Foto-

album. Jede Menge Damen, dann jede Menge Herren, dann

vier paar Füße hinter einer Europaflagge. Ich interessiere mich

für die Bücher. Es donnert. Über den alten Balkon huscht eine

Maus. Draußen höre ich den Eichelhäher warnen. Ich verlasse

die Website.

Erste Veröffentlichungen im

lichtung verlag

waren

Sigi Zimmerschieds

Ausschwitz’n

(Mai 1990) und

Schwer ist leicht

was

von Ottfried Fischer.

Lese ich auf Literaturportal. Ich mag

das, dass ich wieder zurück kann, wenn es nicht vorwärts geht.

Erste Tropfen fallen. Ich sehe einenNamen, den ich kenne, ohne

zu wissen, woher und warum.

Harald Grill.

Ich lese. Draußen

regnet es, ich denke, dass die Rehe dann nicht kommen, ohne

zu wissen, warum die Rehe bei Regen nicht auf meine Lichtung

kommen sollen. Ich denke Regen, als ich

Donau

lese, weil das

ist der andere Fluss, der unfern von Viechtach durch den Bay-

erischen Wald fließt, ich denke Regen, weil ich

Donau

lese und

dann weiß ich, warum ich von

Harald Grill

schon einmal gehört

habe.

Im August 2015 startet Harald Grill sein Balkan-Projekt

Hinter drei Sonnenaufgängen eine andere Welt.

Der Autor bricht

erneut wandernd auf, um in drei Monaten dem Lauf der Donau

bis nach Odessa zu folgen. Am 25., 26. und 27. Dezember 2015

stellt der Bayerische Rundfunk das literarische Reiseprojekt über

den westlichen Schwarzmeer-Raum in einstündigen Hörbildern

vor. September 2018 erscheint sein Reisejournal dann auch als

Roman in der edition lichtung (Viechtach) u. d. T.

Hinter drei Son-

nenaufgängen eine andere Welt. Streifzüge durch den Balkan, von

Rumänien über Bulgarien nachOdessa.

Es regnet nicht stark, aber

es regnet stark genug, um auf dem Weg von Viechtach nach

Odessa sehr nass zuwerden. Ich habe dieses Buch nicht gelesen,

ich würde es aber gerne tun. LeichterWind kommt auf, von der

Kiefer regnet es Zapfen. Durch die offene Balkontüre höre ich

das Reiben zweier Bäume aneinander. Die Rehe kommen nicht

bei Regen.

Wegkreiz

lese ich, als ich

bayrische gedichte

von

Harald

Grill

im

lichtung verlag

geklickt habe und weiter

vor a poar joahr

immai/ hat a se darennt/ an dera stell/ und aller-weil wieder/ um

de zeit/ stehngan/ do im senfglasl/ frische himmlschlüssal/ aber

eahm/ hat da zündschlüssl glangt/ zum aafsperrn vom himml.

Mehr Gleichzeitigkeit geht nicht. Da bin ich. Und jetzt bin ich

ganz sicher, dass es keinen Zufall gibt. Obwohl das einer ist. Ich

bin im Wald, im Regen, im Gedicht, bin im tiefen Bayern, in

einer Sprache, die nicht meine ist, die ich aber verstehe. Ich bin

im Eigenen und im Fremden. Ich bin auf meiner Spur. Und auf

einer. Ich habemir gerade eine literarische Landschaft erschlos-

sen. Der Himmel ist offen. Ich höre dem Regen zu.

Sandra Hoffmann schreibt Romane, Erzählungen und

heimlich Gedichte. Sie lebt in München und Niederbayern,

wo sie diesen Text geschrieben hat. Für ihr literarisches

Werk wurde sie mehrfach ausgezeichnet, u. a. erhielt sie

für ihr damaliges Romanprojekt

Paula

2014 das Litera­

turstipendium des Freistaats Bayern und den Hans-Fallada-

Preis. Am 23. September erscheint ihr erstes Jugendbuch,

Das Leben spielt hier,

bei Hanser.

Thema Kultur digital