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Die Sound/Videoinstallation »Ultratouch oder basale Stimulation«

vonMarie Jaksch undMilena Forster mit Musik vonMarcus Grassl

fragt nach den Grenzen und Potenzialen von Berührung ohne Kör-

perkontakt, die rein über Bild und Ton wahrgenommen wird, im

Kontext von Netzvoyeurismus und Selbstdarstellung. Die Ganz-

heitlichkeit der medialen Erfahrung wird dekonstruiert, aufgeteilt

in Bild und Ton, Sprache und Körperlichkeit untersucht. Der Bild-

schirm trennt von der ›tatsächlichen‹ körperlichen Interaktion mit

anderen Menschen, wird zur Schnittstelle der Selbst- und Außen-

wahrnehmung, welche eine paradoxe Gleichzeitigkeit von tot und

lebendig, nah und fern, eng und weit herstellt. Die Algorithmen,

die unsere mediale Wahrnehmung vorstrukturieren, fungieren als

Tonspur; als Choräle der Virtualität, deren auditive Wahrnehmung

durch Verstärkung und Bassregulierung die körperliche Erfahrung

steigert. Im Raum verteilt befinden sich Kopfhörer, auf welchen

die Besucher*innen eine immer gleiche Tonspur in Endlosschleife

anhören können: »Wenn dir das gefällt, gefällt dir vielleicht auch

das.« An einem Ständer sind zwei Mikrofone mit Kopfhörern an-

gebracht, durch welche Besucher*innen sich selbst und ihr Gegen-

über intensiv hören, körperlose Berührungen herstellen können.

Die visuelle Ebene nutzt die Funktion des Bildschirms als digitalen

Spiegel und Medium der Selbstbetrachtung bzw. -dokumentation,

um berührungslose Berührungen zu visualisieren. Dabei fragen die

Künstlerinnen nach den Potenzialen und Konsequenzen einer vir-

tuellen Berührbarkeit:Was bedeutet es für die Zwischenleiblichkeit,

wenn Rührung und Berührung abstrahiert, synthetisiert und digi-

talisiert werden? Wird sie dadurch zerstört und abgeschafft? Wird

sie dadurch zum Konsum- oder zum Gemeingut? Kann virtuelle

Anwesenheit die zwischenleibliche ersetzten?

»Die digitale Verbindung mag tiefste Ängste vor Einsamkeit und Tod lindern,

aber sie verringert zugleich das emphatische Interesse, sie gewöhnt anAbwesen-

heit von Zwischenleiblichkeit, die Macht der Ausblendung, an die Präferenz

des simulierten Lebens.«

– Elisabeth Thadden