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aviso 1 | 2018

SKIZZE UND IDEE

COLLOQUIUM

mit zeichnerischen Mitteln Vorweggenommene Realität

werden zu lassen. Im Idealfall gelingt es, die Zeichnung

»auf jenen delikaten Punkt der Anschaulichkeit hin [zu

entwickeln], an dem die erstrebte Grundstimmung fassbar

wird, ohne dass sie von Unwesentlichem abgelenkt würde.

Dazu hat die Zeichnung selbst die Qualitäten des gesuch-

ten Objektes anzunehmen. Sie ist dann, ähnlich der Skizze

eines Bildhauers für seine Skulptur, nicht bloß Abbild

einer Idee, sondern Bestandteil der schöpferischen Arbeit

selber, die ihren Abschluss im gebauten Objekt findet.«

(Peter Zumthor)

DAS MODELL

ist ein weiteres wesentliches Werkzeug der

architektonischen Darstellung. Wie mit Skizzen oder Zeich-

nungen kann mit Modellen Vergangenes rekonstruiert,

Gegenwärtiges dokumentiert oder Zukünftiges projiziert

werden. Dem entwerfenden Architekten dient es zur Ent-

wicklung, Überprüfung und Vermittlung architektonischer

Belange. Modelle haben die besondere Qualität, dass sie zwar

eine dem jeweiligen Maßstab und der angestrebten Aussage

entsprechende Abstraktion erfordern, räumliche und struk-

turelle, materielle und atmosphärische Aspekte jedoch sehr

präzise veranschaulichen können. Der gedachte Raum nimmt

im Modell erstmals konkret dreidimensionale Gestalt an.

Es ist eine Vorwegnahme dessen, was realer Raum werden

soll und kann diesem im Ausdruck erstaunlich nah kom-

men. Das Spektrum, in dem mit Modellen gearbeitet wird,

reicht von kleinmaßstäblichen städtebaulichen Modellen

zur Untersuchung von Struktur und Dichte einer Stadt, über

topografische Modelle zum Studium von Geländeformation

und möglichen Interventionen, maßstabslosen Konzeptmo-

dellen, als Elixier einer räumlich architektonischen Aus-

sage, Arbeitsmodellen, die den Prozess der Annäherung oder

Untersuchung bestimmter Aspekte verdeutlichen, Struk-

turmodellen, deren Fokus den Fügungsprinzipen gilt, bis

hin zu großmaßstäblichen Detail- oder Fassadenmodel-

len, die in Material und Maßstab das zu Bauende in realer

Größe vermitteln oder Innenraummodellen, deren Vorweg-

nahme der künftigen architektonischen Realität sehr nahe

sind.

KONZIPIERTES KONKRETISIEREN

ist das Ziel jeder

Form der Darstellung. Für die Erarbeitung, Überprüfung

und Veranschaulichung einer räumlich architektonischen

Konzeption braucht es das gesamte Spektrum der Darstel-

lungsmöglichkeiten. Dieses umfasst das Arbeiten in unter-

schiedlichen Maßstäben gleichermaßen wie den Umgang

mit verschiedenen Materialien und Techniken. Ob Skizze,

Zeichnung, Modell, Fotografie oder Film – welches Mittel

auch immer – es ist das Rüstzeug, mit dem das Konzipierte

konkretisiert, überprüft und vermittelt wird. Je achtsamer

dabei die eigene Vorstellung gespeist wird, umso präziser

kann eine Darstellung werden. Präzise meint in diesem Falle

nicht mit geradem Strich gezeichnet, sondern mit Sorgfalt

gedacht.

Uta Graff

ist Professorin für Entwerfen und Gestalten an der

Fakultät für Architektur der Technischen Universität Mün-

chen. Neben ihrer Tätigkeit als praktizierende Architektin war

sie wissenschaftliche Mitarbeiterin im Studiengang Archi-

tektur der Universität der Künste Berlin und Gastprofessorin

an der China Academy of Art in Hangzhou sowie im Studio

für Klangkunst und Klangforschung der Universität der Künste

Berlin.

Zum Weiterlesen:

Graff, Uta: Der Duktus der Reiseskizze, in: Logbook Munich.

Die Welt in Skizzen, Fromme, Patrick u.a. [Hrsg.], Eigenverlag

der Technischen Universität München, Fakultät für Architek-

tur, München 2015.

Kahn, Louis I.: Über den Wert und die Ziele des Zeichnens

(1931), in: Alessandra Latour (Hrsg.), Louis I. Kahn,

Die Architektur und die Stille. Gespräche und Feststellungen,

Basel 1993, S. 41-43. Originaltitel: The Value and

Aim in Sketching, aus T-Square Club Journal, Vol. I, No. 6,

May 1931, p. 19-21.

Zumthor, Peter: Eine Anschauung der Dinge. Über die Spra-

che der Architektur, Haldenstein, 1992.

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Boryana Schmid (*1986), Reiseskizzenbuch Lucca 2016, Piazza S. Martino und Piazza S. Giovanni, Feinlinienstift, Stadträumliche

Analyseskizzen, Blattmaß: 300 x 208, Privatbesitz.