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aviso 2 | 2017
WO IST DIE ZUKUNFT GEBLIEBEN?
WORAUF ICH MICH FREUE
WORAUF ICH MICH FREUE
IGOR ZELENSKY
SEIT DIESER SPIELZEIT
leite ich das Bayerische Staats-
ballett – eine wundervolle Aufgabe. Als Tänzer bin ich viel
herumgekommen, aber München ist für mich nach wie vor
eine der schönsten Städte und das Nationaltheater eines
der schönsten Theater der Welt. München war und ist eine
Kulturstadt und es begeistert mich immer wieder zu sehen,
wie Theater und Musik im Bewusstsein der Menschen ver-
ankert sind. Tatsächlich freue ich mich jeden Tag, wenn ich
unser eindrucksvolles Opernhaus und unser Ballettproben-
gebäude am Platzl direkt neben dem Hofbräuhaus betrete.
Die Oper hat eine lange Tradition inMünchen. Die Geschichte
des Balletts ist etwas kürzer, doch meine Vorgänger haben
mir ein umfangreiches Repertoire hinterlassen. Viele der
Werke haben mittlerweile eine lange Tradition beim Staats-
ballett und ich freue mich, dieses Repertoire in den nächsten
Jahren weiter auszubauen. Mit Yuri Grigorovichs »Sparta-
cus« konnte ich zu Weihnachten bereits mit großem Erfolg
ein bedeutendes Werk der Ballettgeschichte ins Programm
nehmen. Es ist, neben anderen Klassikern, wieder in der
BallettFestwoche vom 3. bis 11. April zu sehen.
DEN AUFTAKT ZUR
Festwoche macht in diesem Jahr ein
Werk, das zwar ein internationaler Publikumserfolg, aber in
Deutschland bisher noch unbekannt ist: Christopher Wheel-
dons 2011 in London uraufgeführtes Ballett »Alice imWun-
derland«. Mit dabei: die berühmte Herzkönigin, tanzende
Spielkarten, der verrückte Hutmacher und viele andere
Kuriositäten. Das Werk wird sicherlich nicht nur, aber vor
allem auch Kinderherzen höher schlagen lassen. Als Vater
dreier Kinder ist es mir wichtig, das Haus auch für unsere
jungen Besucher zu öffnen. Bis zur Sommerpause stehen
rund ein Dutzend Vorstellungen auf dem Programm.
Weiterer Programmhöhepunkt der diesjährigen Ballett-
Festwoche ist für mich das Gastspiel meiner ehemaligen
Moskauer Compagnie: Das Stanislawsky-Ballett bringt erst-
mals Kenneth MacMillans »Mayerling« nach München. Das
Handlungsballett um den Doppelselbstmord des österrei-
chischen Thronfolgers Prinz Rudolf und dessen Geliebter
auf Schloss Mayerling ist vermutlich eine der leidenschaft-
lichsten Tanztragödien, die im letzten Jahrhundert choreo
graphiert worden sind.
NATÜRLICH GIBT ES
neben der BallettFestwoche noch
viele andere Dinge, auf die ich mich in München gerade im
Frühling freue. Zunächst einmal auf den Frühling selbst. Im
Vergleich zu anderen Metropolen, in denen ich bisher gelebt
habe, ist München unheimlich grün. Ich genieße es, etwas
»Natur« um mich zu haben, auch wenn ich mitten in der
Stadt lebe und arbeite und ich freue mich auf ausgedehnte
Spaziergänge mit meinen drei Kindern und unserem klei-
nen Yorkshire Terrier im Englischen Garten. Sofern es der
Spielplan und das Wetter zulassen, werden wir an Ostern
sicherlich einen Ausflug in das bayerische Umland Richtung
Berge machen und dort auch Osternester und Schokohasen
verstecken – eine schöne deutsche Tradition, die ich bisher
nicht kannte.
Frühling heißt natürlich auch Frühlingsfest auf der There-
sienwiese, worauf sich vor allem meine Kinder sehr freuen.
Ich selber bleibe da lieber dem Theater treu und werde wohl
meinen Opernkollegen einen Besuch abstatten und mir
Richard Wagners »Tristan und Isolde« im Nationalthea-
ter ansehen. Denn egal ob Ballett, Oper oder Konzert – ein
Besuch im Nationaltheater ist immer ein Grund zur Freude!
Igor Zelensky
ist Direktor des Bayerischen Staatsballetts.
© Wilfried Hösl