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aviso 2 | 2017
WO IST DIE ZUKUNFT GEBLIEBEN?
EDITORIAL
Die Rückkehr des Futuristen | Niklas Maak | Seite 18
Wie meinst Krise, Spatzl? | Peter Haimerl | Seite 32
Dr. Ludwig Spaenle
Bayerischer Staatsminister
für Bildung und Kultus,
Wissenschaft und Kunst
LIEBE LESERINNEN, LIEBE LESER,
Vor kurzem erst wurde wieder der Bayerische Janus, der Preis
der Bayerischen Archive, vergeben – im Übrigen verdienter-
maßen an den Journalisten Hans Kratzer für seine differen-
zierte Berichterstattung zu Archivthemen. Der doppelköpfige
römische Gott blickt in die Vergangenheit und in die Zukunft
zugleich. Der Mensch kann sich eben nicht ins Verhältnis zur
Zukunft setzen, ohne sich auf die Vergangenheit zu beziehen.
Alle Zukunftsvision greift auf Gewesenes und Gegenwärti-
ges zurück, selbst der Kulturbruch, selbst wenn, was immer
wieder in der Geschichte zu beobachten ist, rasende Lust an
der Vernichtung sich Bahn bricht, um endlich mal tabula rasa
zu machen, um endlich mal scheinbar ganz von vorn anfan-
gen zu können, man denke an Bilderstürme und gesprengte
Buddhastatuen, an verbrannte Bibliotheken, Kulturrevolutio-
nen und natürlich Vertreibung und Völkermord. Anders soll
es sein als bisher, weg soll das, was ist. Vernichtung macht
zunichte. Zukunft als Gestaltetes setzt allerdings die Vorstel-
lung einer Handlungsmächtigkeit des Menschen voraus. Gerade
das wird heute vielfach in Frage gestellt. Mit Zukunft ver-
binden viele die Vorstellung von Bedrohlichem, das da schlei-
chend, unfassbar, unbeeinflussbar kommen wird. Die Apoka-
lypse wird heraufbeschworen, vor allem über das Medium Film
ist eine Bilderflut des Untergangs, auch: einer Welt ohne Men-
schen entstanden. Die Bayerische Akademie der Schönen Küns-
te, Pflegstätte der Kunst und scharfe Beobachterin des Zeitge-
schehens, hat eine Vortragsreihe zumThema aufgelegt, die wir
in Auszügen in aviso abbilden – verbunden mit der Hoffnung,
mit demGlauben an den Sinn eigenverantwortlichen Handelns
auch die Zukunft wiederzugewinnen.