aviso - Zeitschrift für Wissenschaft und Kunst in Bayern - page 3

aviso 2 | 2015
Böhmen und Bayern
Editorial
Mníšek pod Alpou | Zuzana Jürgens | Seite 24
Gewalt und Gedächtnis | Bernhard Setzwein et al | Seite 30
Dr. Ludwig Spaenle
Bayerischer Staatsminister
für Bildung und Kultus,
Wissenschaft und Kunst
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Editorial
Liebe Leserinnen, Liebe Leser,
Bayern und das heutige Tschechien sind einander seit vielen
Jahrhunderten nachbarschaftlich verbunden. Die Verflech-
tungen sind vielfältig: Schon archäologische Funde bezeugen
frühe gemeinsame Siedlungs- und Kulturräume diesseits und
jenseits der heutigen Grenze. Bayerische und böhmische Adels-
geschlechter betrieben Heiratspolitik. Entlang der großen Stra-
ßennetze von Prag über Nürnberg und Regensburg wurde re-
ger Handel betrieben. Architektur, Malerei und Skulptur bil-
deten im böhmisch-altbayerisch-fränkischen Kulturraum der
Barockzeit eine Einheit. Legendär sind die böhmischen Musi-
ker, die das Musikleben in Bayern prägten. Wallfahrten und ge-
meinsame Heilige, allen voran der Brückenheilige Johannes von
Nepomuk, verklammerten Alltag und Festtag. Viele berühmte
tschechische Maler des 19. Jahrhunderts wurden in München
ausgebildet. Und einen gemeinsamen Erfolg stellt nicht zuletzt
die bayerisch-böhmische Bier-Geschichte dar. Im letzten Jahr-
hundert war das tschechisch-bayerische Verhältnis schweren
Belastungen ausgesetzt. Es gilt, die jüngere Geschichte weiter
zu erforschen, Verletzungen und Verluste ehrlich anzuerkennen
und differenziert zu betrachten, nach vorn zu schauen, ohne
zu verdrängen und zu vergessen, im lebendigen Dialog gute
Nachbarschaft zu pflegen. Gemeinsame Projekte und Initiati-
ven geben Raum für neue Erfahrungen. Versöhnung ist längst
auf vielen Ebenen gelebte und politisch gewollte Realität. Die
bayerisch-tschechischen Beziehungen sind auf einem guten
Weg. Es passt daher gut, dass ich mit meinem tschechischen
Kollegen, Kulturminister Daniel Herman, in diesem Frühjahr
ein bayerisch-tschechisches Kulturabkommen über eine enge-
re Zusammenarbeit unterzeichnen werde. Darüber freue ich
mich sehr und wünsche mir, dass dieses Kulturabkommen die
vielfältigen und freundschaftlichen Kontakte unserer benach-
barten Länder vertieft und verstetigt.
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