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aviso 1 | 2018

SKIZZE UND IDEE

COLLOQUIUM

sich die süddeutschen Freskenbilder von Kuen durch eine

gute Lesbarkeit des dargestellten narrativen Geschehens aus,

eine Bildauffassung, die im süddeutschen Raum vor allem

durch das Vorbild des Augsburger Akademiedirektors Johann

Georg Bergmüller Verbreitung fand.

»die scitze unter dem Rock«

Welche Bedeutung Entwürfen zukommen konnte, verdeut-

licht ein letztendlich auf der politisch-diplomatischen Ebene

ausgetragener Streitfall über die Ausmalung der von Baltha-

sar Neumann (1687-1753) errichteten Benediktinerabteikir-

che von Münsterschwarzach. Für die Ausführung der Fres-

ken in der im frühen 19. Jahrhundert samt ihrer Ausstattung

zerstörten Kirche war der arrivierte kemptische Hofmaler

Franz Georg Hermann vorgesehen. Der Konflikt entzündete

sich, als ihm der Konvent zur Ausmalung der Kuppel den

jungen und begabten Johann Evangelist Holzer (1709-1740)

nicht nur zur Seite stellte, sondern auch noch nach dessen

Entwurf ausgeführt werden sollte. Diesen Umstand emp-

fand Hermann offenkundig als nicht hinnehmbar und er

eskalierte derartig, dass Herrmanns Frau »die scitze unter

dem Rock« versteckt entführte. Hermann erklärte sich erst

dann zur Rückgabe an den Konkurrenten bereit, wenn Hol-

zer für seine nicht unerheblichen Reisekosten und Verdienst-

ausfälle aufkommen würde. Durch das Fehlen des Modells

kamen die Arbeiten auf demGerüst vollständig zumErliegen,

bis schließlich Verhandlungen auf höchstemParkett zwischen

demWürzburger Fürstbischof Friedrich Karl von Schönborn

und demKemptener Fürstabt AnselmReichlin vonMeldegg

zu einer Lösung führten. Hermann durfte daraufhin den

Entwurf zwar behalten, Holzer aber bekam die Gelegenheit

rechts

Zweiter Entwurf von Johann Evangelist Holzer für die Kuppel in

Münsterschwarzach mit den Heiligen des Benediktinerordens.

unten

Die Zeichnung Kuens separiert die Szene von Pluto und Proser-

pina nach dem Vorbild Tiepolos im venezianischen Palazzo Labia.

Das im Weißenhorner Heimatmuseum aufbewahrte Blatt ist mit schwar-

zem Stift auf blauem Papier gezeichnet, laviert und weiß gehöht.