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aviso 1 | 2018

SKIZZE UND IDEE

COLLOQUIUM

abschreiben können, dafür also mindestens dreimal so lang

benötigen wie die 140Minuten Aufführungsdauer der ganzen

Operette. Doch Strauss arbeitete nicht als Kopist, sondern

als Komponist. Er musste ja bei Beginn der Niederschrift die

Formkonzeption der Ouvertüre, deren Themen und die Dra-

maturgie des Verlaufs, auch den Klangcharakter imKopf ha-

ben. Oder auf demPapier. Mit geringstimmigen Verlaufsskiz-

zen, mit Notaten, deren Fixierung die Kluft zwischen Dauer

der Musik und Dauer der Niederschrift verringerten, was heißt,

Gedankenstrom und Schreibfluss einander anzunähern, ge-

lang und gelingt es Komponisten leichter, musikalisch gefüllte

Zeit zu gestalten. Derartige Niederschriften enthalten zualler­

meist nur Ausschnitte der während der kompositorischen

linke Seite

Abb. 3: Ludwig van Beethoven,

Streichquartett Es-Dur op.

127, 2. Satz

. Über die allmähliche Verfertigung der Gedanken

beim Schreiben, oder: Versuch und Irrtum. Vierstimmige Skizze im

fortgeschrittenen Stadium der Komposition.

oben

Abb. 4: Gustav Mahler,

Adagio Fis-Dur aus der Symphonie Nr. 10

.

»f[orte] Polyphon«. Verbale Selbstanweisung im Kompositionsprozess.

darunter

Abb. 5: Max Reger,

Klarinettenquintett A-Dur op. 146, 1. Satz

.

Knappstes Stenogramm eines Verlaufs: Melodische Kontur in Noten

und harmonische Progression in Akkordbuchstaben.

darunter

Abb. 6: Arnold Schönberg,

A Survivor from Warsaw op. 46

.

Vehavto es Adonoy (»Du sollst den Ewigen, deinen Gott, lieben

von ganzem Herzen«). Formung eines gesungenen Gebets unter Ver-

wendung einer Zwölftonreihe.

© Bayerische Staatsbibliothek Mus.ms. 22745, [Skizzen], 1910 [BSB-Hss Mus.ms. 22745] | Signatur Mus. Ms. 142. Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Max-Reger-Instituts/Elsa-Reger-Stiftung | Arnold Schönberg Center MS 50, 943, 946-956

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