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aviso 4 | 2015

ZUKUNFT STADT

COLLOQUIUM

DER HYPE DES

städtischen Lebens ist seit Jahren

ein vielbeachtetes Phänomen in Deutschland. Ber-

lin als »the place to be«, Hamburg als »wachsende

Stadt«, München mit seiner Anziehungskraft für

Unternehmen und Neubewohner oder Münster

und Heidelberg mit ihren zahlreichen Studieren-

den prägen das Bild der Stadt als Ort der Erfüllung,

der Lebendigkeit und der Möglichkeiten. Auch die –

oft damit einhergehende – »Landflucht« auf Zeit

der Besserverdienenden, beispielsweise in die Bau-

ernhöfe der Uckermark rund um Berlin, sind häu-

fig Thema in den Medien oder in der Forschung.

Demgegenüber stehen die negativen Schlagzeilen zu

»schrumpfenden« Städten, verlassenen Landstri-

chen und mangelnden qualifizierten Arbeitskräften

in dünn besiedelten Gegenden. Heute leben mehr

als 60 % der deutschen Bevölkerung in Städten

mit weniger als 50000 Einwohnern. Gerade diese

Städte spüren die Auswirkungen von stagnieren-

der Wirtschaft, fehlenden Infrastrukturinvestiti-

onen, zunehmender Abwanderung junger Leute,

dem Niedergang führender Großindustrien, stei-

gender Arbeitslosigkeit und sozialer Polarisie-

rung. Bereits heute gibt es einzelne Kommunen

in Deutschland, die nicht einmal ihren Bestand

erhalten können.

UM IN ZUKUNFT

bestehen zu können und um die

Ursache-Wirkungsketten zu durchbrechen, müssen

sich Städte öffnen, sich ökonomisch reorganisieren

und eine neue Partizipationskultur leben. Ansätze

Auf dem Weg

zur Stadt

als Campus

Kooperative Stadtentwicklung

in der Mittelstadt

Text:

Sally Below und Mark Michaeli

hierfür gibt es immer mehr, sie zu verbreiten, die Methoden

zu kommunizieren undMut zu machen, neue Wege zu gehen,

ist neben der Arbeit so mancher engagierter Bürgermeister

und Stadtverwaltungen auch das Ziel von Initiativen wie dem

Netzwerk Stadt als Campus oder Studiengängen wie dem der

Urbanistik an der TU München.

Experiment Stadtalltag

Um die Zukunft gestaltbar zu erhalten, kommt es darauf an,

nicht auf den großen Investor zu warten, auf die Ausnahme-

situation, wie sie beispielsweise eine Internationale Bauaus-

stellung bietet, sondern dort anzusetzen, wo bereits Kräfte

vorhanden sind – im eigenen Ort, im alltäglichen Arbeiten

an den genannten Themen. Gerade in kleineren und Mit-

telstädten können es sich die Protagonisten nicht erlauben,

unter sich zu bleiben, oder sich in Szenen zurückzuziehen, dazu

sind sie zu wenige. Sie müssen mit anderen aus unterschied-

lichen Disziplinen, Herkünften oder auchWeltanschauungen

ebenso wie mit Politik und Verwaltung zusammenarbeiten,

um ihre Ziele zu erreichen. Hieraus entstehen neue Kräfte.

Ein Beispiel hierfür ist die Initiative VorOrt in Dessau-Roß-

lau, das regelmäßig auf dem letzten Platz im Städteranking in

Bezug auf Stimmung in der Bevölkerung und Altersdurch-

Fotos: Archiv VorOrt-Projekt