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Andrea M. Gáldy

Universitäre Sammlungen

als Schatzkammern des Wissens

Was weg ist, ist weg!

STELLEN SIE SICH

vor, Sie lebten imMesopotamien des zweiten Jahr-

tausends vor Chr. Und bräuchten einen Arzt. Je nach Krankheitsbild

hätten Sie sich an eine Heilgöttin gewandt, z. B. an Gula, deren Tem-

pel im Sumerischen Isin (heute Ishan al-Bahriyat, Irak) stand. Eine

wichtige Funktion nahmen darin die Tempelhunde ein, deren Speichel

antibakterielle Wirkung zeigte und die Wundheilung vorantrieb. Die

Behandlung bestand wohl darin, von den heiligen Hunden der Gula

geküsst zu werden, was u. U. bedeutend attraktiver erscheint als unsere

moderne Apparatemedizin. Die Hunde waren nicht nur Attribute und

Helfer der Göttinnen, sondern konnten sie auch allein dargestellt sym-

bolisieren. Verstorbene Tempelhunde wurden in speziellen Gräbern bei-

gesetzt.

Wir wissen nicht zuletzt von diesen Praktiken, da Prof. Dr. Barthel

Hrouda von der LMU München in den Jahren 1973 bis 1989 in elf

Ausgrabungskampagnen die Stadt und ihre Heiligtümer erforscht hat.

Die mehrere hundert Stücke umfassende Dokumentation, u. a. kleine

Modelle von Tempeln, Gräbern und Ausgrabungsstätten sowie Abgüsse

von Siegeln etc. befinden sich im Institut für Vorderasiatische Archäo-

logie der LMU

(http://www.vorderas-archaeologie.uni-muenchen.de/

index.html). Einen weiteren Teil dieser Institutssammlung bildet eine

vergleichbar große Anzahl an Originalobjekten. Anfang 2015 zeigte

eine Ausstellung zumThema »Mesopotamien an der Isar« ausgewählte

Exponate in der Ausleihhalle der Universitätsbibliothek. Die so bewahrte

Kollektion ist weiterhin für Lehre und Forschung verfügbar und stellt

wegen ihres gewaltigen Informationsgehalts einen besonderenWert dar,

links

Fragment eines Kudurru mit der Heilgöttin Gula

und ihrem Hund (1171-1159 vor Chr.), Louvre.

daneben

Hundebestattung aus Isin, Ausgrabungs-

kampagne Prof. Dr. Hrouda, 1977, Taf. 14, Sammlung des

Instituts für Vorderasiatische Archäologie, München.

daneben

Die Sprengung des Baal-Schamin-Tempels in

Palmyra durch den IS ist eine Zerstörung von ähn-

licher Bedeutung wie die von den Taliban zerstörten

Buddha-Statuen von Bamiyan. Der Tempel diente phönizi-

schen Kaufleuten als Kultstätte und der Stadt als Aus-

weis ihrer religiösen und kulturellen Toleranz.

rechts

Cella und Kultbild des Athener Parthenon

Tempels (begonnen 447 vor Chr.), farbig gefasstes Rekon-

struktionsmodell des Metropolitan Museums, New York,

aus dem 19. Jh., seit 2005 den Staatlichen Antikensamm-

lungen, der Glyptothek und dem Museum für Abgüsse

Klassischer Bildwerke als Dauerleihgabe überlassen.

darunter

Das Münchner Museum für Abgüsse Klassischer

Bildwerke im Haus der Kulturinstitute, Lichthof Nord.

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aviso 1 | 2016

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