Pressemitteilung

Nr. 3- 1998

Kultusministerin Hohlmeier stellt ISB-Gutachten zur sechsstufigen Realschule vor/ Ergebnisoffener Dialog soll Konsens im Interesse der Schülerinnen und Schüler herbeiführen

Kultusministerin Monika Hohlmeier will die Entscheidung über die Konsequenzen aus dem Schulversuch "Sechsstufige Realschule" mit einer breit angelegten Diskussion mit Lehrern und Eltern, Wirtschafts- und Kommunalverbänden vorbereiten. Die Ministerin stellte am Montag

(26.10.1998) in München das Gutachten des Staatsinstituts für Schulpädagogik und Bildungsforschung (ISB) zu dem Schulversuch vor. "Nach dem Bericht des Instituts hat sich das Modell "Sechsstufige Realschule" tendenziell als pädagogisch positiv erwiesen. Aber es gibt zugleich eine Reihe offener Fragen, die jetzt geklärt werden müssen", erklärte Frau Hohlmeier. "Diese Fragen werde ich mit allen beteiligten Verbänden und gesellschaftlichen Gruppierungen ergebnisoffen erörtern. Erst dann kann über die Schlussfolgerungen aus dem Schulversuch entschieden werden."

Als Leitziel der Diskussion definierte die Ministerin bestmögliche Ausbildungschancen für Schülerinnen und Schüler. Vor dem Hintergrund einer sich ändernden Berufswelt mit neuen Berufsbildern und einem zunehmenden internationalen Wettbewerb, der verstärkt auch die schulische Ausbildung erfasse, müssten die schulischen Laufbahnen stetig auf Verbesserungsmöglichkeiten hin überprüft werden. "Der Gesamtbericht des ISB liefert hierfür zahlreiche Anregungen", betonte Frau Hohlmeier. Die Ministerin appellierte an die Familien und alle betroffenen Verbände, sich aktiv an der Herbeiführung eines am pädagogischen Wohl der Schülerinnen und Schüler orientierten Konsenses zu beteiligen.

Das Gutachten des Staatsinstituts für Schulpädagogik und Bildungsforschung zum Schulversuch "Sechsstufige Realschule" beschreibt im Wesentlichen folgende Ergebnisse:

In der Hauptphase des Schulversuchs haben sich im Einzugsbereich der Versuchsrealschulen die Übertrittszahlen von der Grundschule an das Gymnasium nach dem 4. Schuljahr von ca. 31 % auf 28 % und an die Hauptschule von 69 % auf 59 % reduziert. Rund 13 % der Grundschulkinder wechselten an die sechsstufige Realschule. Die Quote der Übertritte aus der Jahrgangsstufe 4 in die sechsstufige Realschule liegt derzeit bei etwa 2/3 der Höhe der Quote der Übertritte aus der Jahrgangsstufe 6 der Hauptschule an die vierstufige Realschule. Während die Zahl der Übertritte außerhalb des Einzugsbereichs der Versuchsrealschulen an das Gymnasium um ca. 11 % stieg, blieb die Zahl der Übertritte an die Gymnasien im Bereich der Versuchsschulen relativ konstant bzw. nahm leicht ab.

Im bisherigen Verlauf der 6 Versuchsjahre war kaum eine 5. Klasse einer Hauptschule allein durch den Schulversuch im Fortbestand bedroht. Die Zügigkeit in der Jahrgangsstufe 5 der Hauptschule wurde allerdings an 3 der Hauptschulen um je eine Klasse verringert.

Im Einzugsbereich der Versuchsrealschulen hat sich in der Jahrgangsstufe 4 der Grundschule eine gravierende Zunahme von Leistungs- und Auslesedruck nicht gezeigt.

Die Leistungsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler in der sechsstufigen Realschule liegt näher am Gymnasium als an der Hauptschule.

An der sechsstufigen Realschule wurden bisher deutlich bessere Notenergebnisse als an der vierstufigen Realschule erzielt.

Das Angebot der zweiten Pflichtfremdsprache wurde gut angenommen (bisher von durchschnittlich rund 30 % der Schüler).

Nach dem Gutachten bedürfen insbesondere folgende Fragen der Klärung:

Neuordnung des Aufnahmeverfahrens und der Übertrittskriterien

Durchlässigkeit zwischen den Schularten

Stundentafel in den Jahrgangsstufen 5 und 6: Die in den Versuchsrealschulen festgelegte Stundentafel mit jeweils 5 Unterrichtsstunden in den Fächern Deutsch, Englisch und Mathematik vermittelt eine solide Grundbildung in diesen Bereichen. Geklärt werden müsse vor einer eventuellen endgültigen Entscheidung jedoch das Problem der einstündigen Fächer wie etwa Erdkunde sowie die Frage, wie auch für die sechsstufige Realschule eine gute musisch-kreative Bildung gewährleistet werden kann.

Dieser Katalog muss nach den Worten von Ministerin Hohlmeier jetzt um aktuelle Fragen und Anregungen der Verbände erweitert werden. Parallel hierzu werde sich der Landtag mit den Ergebnissen des Gutachtens befassen.

Einen wichtigen Schwerpunkt der Diskussion müssen nach den Worten von Frau Hohlmeier vor allem auch die Auswirkungen auf die anderen Schularten bilden. Der Blick müsse stets zugleich geschärft werden für eine zukunftsorientierte Ausbildung auch an den Hauptschulen:

"In Bezug auf die eventuelle Einführung der sechsstufigen Realschule muss über eine Erweiterung der Möglichkeiten, den mittleren Bildungsabschluss an der Hauptschule erreichen zu können, nachgedacht werden."

 

Bayerisches Staatsministerium
für Unterricht und Kultus
Dorothee Erpenstein, Pressesprecherin