24. November 1998

Bayerischer Literaturpreis 1998 für Peter Gülke

Den mit 25 000 Mark dotierten Karl-Vossler-Preis hat Bayerns Wissenschaftsminister Zehetmair am Dienstagabend in der Bayerischen Akademie der Schönen Künste in München dem Musikwissenschaftler und Dirigenten Peter Gülke überreicht. Mit der Auszeichnung sollen Gülkes Verdienste um die deutsche Sprache als Sprache der Wissenschaft gewürdigt werden, sagte der Minister bei der Preisverleihung. Gülke beweise, dass es auch heute noch möglich ist, als Künstler Wissenschaftler zu sein und umgekehrt.

Zehetmair beklagte, dass die "gelehrte Prosa", die gerade in Deutschland eine bedeutende Tradition habe, insgesamt in die Krise geraten sei. Die zunehmende Bedeutung des Englischen als internationale Wissenschaftssprache sei jedoch nur teilweise für die schwindende Wertschätzung des Deutschen als Sprache der Wissenschaft verantwortlich zu machen. Vielmehr hätten in Deutschland Pflege und Gebrauch der Sprache derzeit generell keinen hohen Stellenwert. Auch die leidenschaftliche Diskussion um die Rechtschreibreform, bei der Sprache allerdings sehr oberflächlich mit Orthographie gleichgesetzt wurde, könne nicht darüber hinwegtäuschen, dass man in Deutschland viel tiefer greifende und beunruhigende Tendenzen im täglichen Sprachgebrauch übersehe. Die Pflege der deutschen Sprache sei vor diesem Hintergrund nicht nur eine Aufgabe der Schule, auch die Medien und nicht zuletzt die Wissenschaft müssten dazu ihren Beitrag leisten. Zehetmair: "Eine Wissensgesellschaft, die ihre Sprache vernachlässigt, zerstört ihre Grundlagen." Sprachliche Sensibilität, Genauigkeit im Ausdruck, Anschaulichkeit und Verständlichkeit seien unverzichtbare Maximen jeden wissenschaftlichen Sprachgebrauchs, in den Naturwissenschaften ebenso wie in den Geisteswissenschaften.

Um auf sprachlich gelungene wissenschaftliche Darstellungen aufmerksam zu machen, habe die Bayerische Staatsregierung 1984 den Karl-Vossler-Preis geschaffen, der seither alle zwei Jahre verliehen wird.

Der diesjährige Preisträger Peter Gülke (geb. 1934 in Weimar) studierte Violoncello, Musikwissenschaft, Germanistik, Romanistik und Philosophie an der Hochschule für Musik in Weimar und an den Universitäten Jena und Leipzig. 1958 promovierte er zum Dr. phil., 1985 wurde er habilitiert. Seit 1959 ist er als Dirigent tätig, 1981 wurde er zum Generalmusikdirektor der Stadt Weimar berufen. 1983 siedelte Gülke in die Bundesrepublik Deutschland über. 1986 - 1996 wirkte er als Generalmusikdirektor der Stadt Wuppertal, seit 1996 ist er Professor an der Staatlichen Hochschule für Musik in Freiburg. Dazu kommen zahlreiche Schallplattenaufnahmen sowie Konzerte, Konzertreisen und Opernaufführungen im In- und Ausland.

Peter Gülke macht in seinen musikwissenschaftlichen Studien die vielfältigen Zusammenhänge zwischen einer Komposition, ihrem Schöpfer und dem jeweiligen zeitgeschichtlichen und geistigen Umfeld sichtbar. Seine Texte beschreiben den musikalischen Schaffensprozess als Dialog eines Komponisten mit der Welt und führen den Leser zu neuen und überraschenden Einsichten über die Struktur und Semantik musikalischer Werke. Mit seinen Veröffentlichungen erfüllt Peter Gülke nach Auffassung der Jury "höchste musikologische und stilistische Maßstäbe beim Schreiben über Musik".

Zu den bisherigen Veröffentlichungen Peter Gülkes zählen u.a. "Mönche-Bürger-Minnesänger" (1975), "Rousseau und die Musik" (1985), "Brahms, Bruckner. Zwei Studien" (1989), "Schubert und seine Zeit" (1991) und "Fluchtpunkt Musik" (1994).

Die mit 10 000 Mark dotierten Förderpreise für junge Schriftstellerinnen und Schriftsteller erhielten in diesem Jahr der Dramatiker Wofgang Bauer, der Romancier Norbert Niemann und der Sachbuchautor Bernhard Setzwein.

 

Toni Schmid, Pressesprecher des
Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst