Kultusminister Zehetmair lehnt Alleingang Bayerns bei der Rechtschreibung ab
Ein bayerischer Sonderweg bei der Rechtschreibung ist nach Auffassung von Kultusminister Zehetmair weder sinnvoll noch möglich. "Niemand kann guten Gewissens anstreben, daß die Kinder in Bayern eine andere Rechtschreibung lernen als jene in den 15 anderen deutschen Ländern, in Österreich oder der Schweiz", erklärte der Minister mit Blick auf das beabsichtigte "Weilheimer Volksbegehren" am Dienstag. Die Regelung der Orthographie sei nicht Sache eines einzelnen deutschsprachigen Staates oder gar Bundeslandes. Nachdem die 16 deutschen Länder - zuletzt durch die Dresdener Erklärung der Kultusministerkonferenz -, der Bund sowie alle deutschsprachigen Staaten am 1. Juli dieses Jahres eine gemeinsame Erklärung zur Neuregelung unterzeichnet hätten, sei ein Alleingang auch gar nicht möglich, betonte Zehetmair.
Gleichzeitig zeigte sich der Minister nicht überrascht, daß in der Öffentlichkeit gewisse Vorbehalte gegen die Neuregelung bestünden. "Die Mehrheit der Menschen ist der Meinung, sie sei mit der bisherigen Rechtschreibung gut zurechtgekommen." Jede Neuerung würden sie deshalb zurückweisen, auch wenn sie bei näherem Hinsehen ebenfalls mit den Fußangeln der bisherigen Regeln ihre liebe Not hätten. Zudem sei die Rechtschreibreform in bestimmmten Bereichen gewöhnungsbedürftig und bedürfe im Detail möglicherweise noch der Präzisierung. "Dafür wurde die Kommission für die deutsche Rechtschreibung gerade vorgesehen. Sie soll die Einführung begleiten, auftretende Fragen klären und die Wörterbuchverlage beraten.Da wartet in den nächsten Jahren noch viel Arbeit; in Dänemark hat das 10 Jahre gedauert.", sagte Zehetmair. Allerdings müsse er nochmals darauf hinweisen, daß die Reform - auch nach Auffassung der Duden-Redaktion, die bisher für die Rechtschreibung verantwortlich war - eine große Zahl von Ausnahmen beseitige, die sich in den letzten Jahrzehnten eingebürgert haben und die Regeln systematisiere. Die ersten Erfahrungen in den Schulen gingen eindeutig in diese Richtung. Die Gegner der Rechtschreibreform stellten nun mit zum Teil falschen Beispielen eine kleine Gruppe gewöhnungsbedürftiger Neuschreibungen in den Vordergrund und verschwiegen dabei die große Zahl von Problemen und Zweifelsfällen, die bisher selbst geübte Schreiber in Schwierigkeiten brachten. Als Beispiel nannte der Minister den Duden-Band "Die Zweifelsfälle der deutschen Sprache", der allein 784 Seiten umfasse und sich zum nicht geringen Teil auch mit Rechtschreibfragen beschäftige .
Bayern habe die Neuregelung weder angestoßen noch vorangetrieben, betonte Zehetmair. Der Freistaat habe vielmehr in jahrelangen Verhandlungen alle weitergehenden Vorstellungen - wie zum Beispiel die radikale Kleinschreibung und die übertriebene Eindeutschung von Fremdwörtern - gebremst. Die jetzt von allen Ländern und Staaten gebilligte Fassung könne die deutsche Rechtschreibung nicht "einfach" machen, das lasse der komplexe Gegenstand nicht zu. Man könne aber mit der Neuregelung auch als Angehöriger der älteren Generation gut leben. Im übrigen würde ein Stopp der Reform zum jetzigen Zeitpunkt erhebliche Mehrkosten mit sich bringen und wäre womöglich teurer als die Neuregelung selbst.