Regierungserklärung im Bayerischen Landtag: Kultusminister Zehetmair stellt Einzelheiten der Hochschulreform vor
Mit einer neuen Leitungsstruktur sollen Bayerns Hochschulen in die Lage versetzt werden, größere Freiräume zu nutzen und ein eigenes Profil im Wettbewerb untereinander zu entwickeln. Dies ist der Kern der Maßnahmen zur Hochschulreform, die Kultusminister Hans Zehetmair am Mittwoch im Rahmen einer Regierungserklärung im Bayerischen Landtag vorstellte. Künftig soll jede Hochschule ein Leitungsgremium erhalten, dem neben dem Rektor oder Präsidenten zwei Prorektoren und der Kanzler angehören werden. Dieses Gremium wird dann über die Verteilung von Stellen und Mitteln an die einzelnen Fachbereiche entscheiden. "Gefragt sind eine Abkehr vom Gießkannenprinzip, zupackende Veränderungen, neue Schwerpunktsetzungen und Umschichtungen, die der Profilbildung dienen", sagte Zehetmair.
Unterstützt und beraten werden soll die Hochschulleitung künftig durch einen Hochschulrat nach dem Vorbild des "Board" in den angelsächsischen Ländern. Ihm werden neben dem Rektor fünf ausschließlich hochschulexterne Mitglieder aus der Wirtschaft, der beruflichen Praxis sowie externe Wissenschaftler oder Künstler angehören. Der Hochschulrat soll auch bei der Beschlußfassung über den Entwicklungsplan, bei Grundsatzfragen und Schwerpunkten des Haushaltsvollzugs mitwirken. Gleichzeitig soll die Versammlung, der nach dem bisherigen Hochschulrecht bis zu 159 Mitglieder angehören, verkleinert und effizienter gemacht werden. Mit diesen Maßnahmen sollen die Hochschulen nach den Worten Zehetmairs in die Lage versetzt werden, die größeren Freiräume zu nutzen, die ihnen durch die Hochschulreform eingeräumt werden. Dazu gehört neben einer Flexibilisierung der Haushalte, die in der letzten Woche vom Kabinett bereits gebilligt wurde, auch mehr Autonomie im Personalbereich. So können die Hochschulen künftig Personal bis zur Besoldungsgruppe A 16 selbst ernennen, über die Gewährung von Forschungs- oder Freisemestern für Professoren entscheiden oder übergangsweise Personal auf zu besetzenden Professorenstellen beschäftigen.
Als Beitrag zur Profilbildung und zur Förderung des Wettbewerbs bezeichnete der Minister die Reform der Fächerstruktur und die Möglichkeit der Schwerpunktbildung an Universitäten. Aufgrund des anstehenden Generationenwechsels in der Professorenschaft bestehe die Chance, Lehrstühle umzuwidmen und moderne Studiengänge einzurichten und damit neue Schwerpunkte zu setzen. So wurden in den letzten zwei Jahren bereits 90 Professorenstellen umgewidmet. Für ein eigenes Lehrstuhlerneuerungsprogramm hat Bayern 150 Millionen Mark bereitgestellt.
Bei den Professoren wird mit der Einführung des "Professors auf Zeit" bereits eine Neuerung in die Tat umgesetzt. Mit der Möglichkeit einer auf sechs Jahre begrenzten Ernennung von Professoren sollen vor allem Fachleute aus Bereichen außerhalb der Hochschule für spezielle Aufgaben von begrenzter Dauer gewonnen werden. Der Minister forderte in diesem Zusammenhang den Bund auf, auch die notwendigen gesetzlichen Grundlagen für die Beschäftigung von Teilzeitprofessoren zu schaffen. Durch solche Teilzeitprofessuren könnten qualifizierte Experten aus der Berufspraxis für eine Lehrtätigkeit gewonnen werden. Bei der Bezahlung sprach sich Zehetmair für eine leistungsbezogenere Vergütung bei zusätzlichem Engagement in der Lehre aus.
Die Hochschulen sollen nach der Vorstellung des Ministers künftig auch in der Lage sein, sich einen Teil der Studierenden selbst auszuwählen. Zehetmair betonte aber, daß dies kein Signal für allgemeine Hochschuleingangsprüfungen sei und das bayerische Abitur seine Bedeutung als Hochschulzugangsberechtigung erhalten werde. Vielmehr denke er dabei an einen Nachweis der für jeden Studiengang notwendigen Allgemeinbildung. Mit seinem Aktionsprogramm zur Verkürzung der Studiendauer habe er die Situation der Studierenden durch Beratungsangebote und den Ausbau von Tutorien verbessert, die Studien- und Prüfungsordnungen gestrafft, Regelstudienzeiten und Obergrenzen bei den Semesterwochenstunden festgelegt, die Prüfungsdauer begrenzt und die Zahl der Prüfungsleistungen reduziert. Daneben sollen künftig in allen Studiengängen spätestens nach dem vierten Semester Vor- oder Zwischenprüfungen abgelegt werden. Geplant ist außerdem die Ausweitung der Freischußregelung auf Zwischen- und Teilprüfungen. Lehrberichte und Studiendekane sollen die Koordination der Lehre verbessern.
Der Minister erklärte, die hier vorgeschlagenen Maßnahmen würden nunmehr schrittweise realisiert. Sein Haus bereite derzeit die notwendigen hochschulrechtlichen Gesetzesänderungen vor.
Die Einführung von Studiengebühren für das Erststudium lehnte Zehetmair erneut ab."Von den Studenten sollte in erster Linie nicht Geld, sondern Leistung verlangt werden", betonte der Minister.