Staatssekretär Klinger zum geplanten Forschungsreaktor in Garching: Nur mit gleichem Handwerkszeug wissenschaftlich konkurrenzfähig
Durch eine Veränderung des Konzeptes für den geplanten Forschungsreaktor in Garching würde die deutsche Forschung weit hinter andere große Forschungsnationen zurückfallen. Wie Staatssekretär Klinger am Mittwoch im Hochschulausschuß des Bayerischen Landtags in München mitteilte, sei das Konzept mit seinem weltweit besten Fluß/Leistungsverhältnis die optimale Lösung für eine Forschungsanlage der neuesten Generation. Wer behaupte, daß er dieses Optimum auch mit einem völlig veränderten Konzept erreichen kann, wolle entweder einen ganz anderen Reaktor, der international nicht konkurrenzfähig sein könne, oder - was viel wahrscheinlicher sei - gar keinen Reaktor. Klinger wies darauf hin, daß Deutschland im Gegensatz zu den USA, die noch 16 Reaktoren mit hochangereichertem Uran betreiben, durch eine völlige Neuplanung des FRM II in einen Neutronennotstand geraten würde. Um die wissenschaftliche Konkurrenz zu den großen Forschungsnationen bestreiten zu können, sei das gleiche Handwerkszeug nötig, über das auch die Konkurrenten verfügen. Nach den Erkenntnissen aus den Gesprächen mit der amerikanischen Delegation in der vergangenen Woche dächten die USA nicht daran, ihre noch laufenden Reaktoren in Oak-Ridge und alle weiteren Reaktoren in nächster Zeit auf niedrig angereichertes Uran (LEU) umzustellen, so Klinger.
Das HEU-Konzept sei auch völker- und abrüstungspolitisch unbedenklich, erklärte Klinger weiter. Es dürfe nicht übersehen werden, daß der Nicht-Verbreitungsvertrag den Nicht-Kernwaffenstaaten nicht nur Pflichten, sondern auch Rechte einräume, wie das unveräußerliche Recht zur friedlichen Nutzung der Kernenergie. Dadurch sei die Verwendung von HEU in Garching völkerrechtlich gedeckt. Zudem sei wissenschaftlich anerkannt, daß bestimmte Forschungen einen Höchstfluß an Neutronen benötigen, der sich nur mit hochangereichertem Uran erreichen lasse. Klinger machte deutlich, daß ein hochdichter Brennstoff bei niedriger Anreicherung für einen Hochleistungsreaktor wie den FRM II noch nicht zur Verfügung stehe. Allein mit dem Prinzip Hoffnung lasse sich jedoch keine konkurrenzfähige Forschung betreiben. Die US-Delegation habe in ihrem Statement ausdrücklich festgestellt, daß die Entscheidung über Planung und Bau des FRM II ausschließlich Sache der Bundesrepublik sei und sich die US-Regierung auf keinen Fall in die innerdeutsche Entscheidungsprozedur über das Projekt einmischen möchte. Die gemeinsame Abschlußerklärung treffe zudem die wichtige Feststellung, daß die Neutronenquelle des FRM II eine bedeutende Forschungsmöglichkeit für Europa und die Welt werden könnte. Dies decke sich, so Klinger, mit der seit langem von der Bayerischen Staatsregierung und der Bundesregierung vorgenommenen Bewertung des FRM II als "Forschungsreaktor der Weltspitze". Deutschland verfüge darüber hinaus über ein hervorragendes Vertrauenspotential bei der Nichtverbreitungspolitik.
Klinger wies im übrigen darauf hin, daß das seit 40 Jahren mit HEU betriebene Atom-Ei das Ansehen der deutschen und bayerischen Neutronenforschung mitbegründet habe und zur Keimzelle des gesamten Forschungsgeländes in Garching geworden sei. Diese Schwerpunktsetzung für Forschung und Arbeitsplätze lasse die Staatsregierung nicht von forschungsfeindlichen Organisationen in Frage stellen.